Gesundheit 3 Minuten Lesezeit Hand­werks­ge­sel­le 4.0 Startseite Angebote INQA-Experimentierräume Schwerpunkt: Digitalisierung

Nachwuchsmangel, Überalterung und Konkurrenzdruck sind zentrale Herausforderungen im Handwerk. Um die Arbeitsbedingungen zu verbessern und die Gesundheit der Beschäftigten langfristig zu sichern, hat der INQA-Experimentierraum Handwerksgeselle 4.0 technische und kognitive Assistenzsysteme für die Sanitär-, Heizungs- und Klimabranche getestet.

Moderne Technologien eröffnen auch dem Handwerk neue Möglichkeiten, Arbeitsprozesse effizienter, sicherer und gesünder zu gestalten. So kann zum Beispiel eine Datenbrille Handwerker*innen bei der Arbeit wertvolle Unterstützung bieten, etwa indem sie Schritt-für-Schritt-Anleitungen oder spezifische Detailinformationen für Reparaturen und Wartungen einblendet. Ebenso gewinnen physische Unterstützungssysteme wie Exoskelette zunehmend an Bedeutung. Sie entlasten den Körper beim Heben und Halten schwerer Bauteile und ermöglichen so, dass Beschäftigte – unabhängig von ihrer körperlichen Konstitution – anspruchsvolle Aufgaben übernehmen können. Gleichzeitig helfen sie, die im Handwerk häufig auftretenden Muskel-Skelett-Erkrankungen zu vermeiden oder zu reduzieren – ein wichtiger Beitrag zu langfristiger Gesundheit, Motivation und Leistungsfähigkeit im Beruf. Im Rahmen des INQA-Experimentierraums wurden kognitive sowie gesundheitsförderliche Unterstützungssysteme für das SHK-Handwerk am Beispiel einer Badsanierung erforscht.

Projektziel

Mithilfe moderner Technik Lösungen zur körperlichen und kognitiven Entlastung von Fachkräften finden – diesem Ziel widmete sich der INQA-Experimentierraum Handwerksgeselle 4.0. In dem Förderprojekt wurde der Einsatz von Assistenzsystemen speziell für Beschäftigte in Sanitär-, Heizungs- und Klima-Handwerksbetrieben getestet. Diese sollten den Arbeitsalltag der Handwerker*innen leichter machen, zu ihrer Gesundheit und Motivation beitragen und so generell die Attraktivität des Berufs erhöhen.

Arbeitsweise

Das Projekt war in drei Phasen gegliedert: die Analyse-, die Labor- und die Baustellen-Phase. Während der Analyse wurden die Abläufe einer Badsanierung detailliert erfasst und in Kategorien eingeteilt. Anschließend wurde untersucht, in welchen Bereichen Unterstützungsbedarf besteht und wo sich Optimierungspotenziale durch Assistenzsysteme ergeben. Danach wurde die Nutzung von Datenbrillen und Exoskeletten in einem Praxislabor, dem HandwerkerLab, gemeinsam mit den Beschäftigten getestet und Optimierungsmöglichkeiten besprochen. In Phase 3 fanden Feldversuche auf der Testbaustelle beziehungsweise bei den Projektpartner*innen vor Ort statt, soweit im Rahmen der Corona-Pandemie möglich. Insgesamt wurden elf Exoskelette sowohl im Feld als auch in simulierten Arbeitssituationen ausprobiert, darunter fünf zur Schulterunterstützung, fünf zur Unterstützung des unteren Rückens sowie ein Exoskelett zur Handunterstützung.

Im Rahmen des Projektverlaufs wurden mehrere Online-Live-Seminare zu den Themen „Exoskelette für den SHK-Arbeitseinsatz“, „Exoskelette für die Schulter“ und „Exoskelette zur Unterstützung des unteren Rückens“ durchgeführt.

Um die Praxistauglichkeit der Assistenzsysteme zu überprüfen, führte das Team persönliche Gespräche mit den Anwender*innen und beobachtete sie bei der Nutzung. Die direkte Rückmeldung half dabei, die Benutzerfreundlichkeit und Akzeptanz der neuen Technologien unter den Fachkräften zu ermitteln.

Projektergebnisse und Unterstützungsangebote für die Praxis

Die Untersuchungen haben ergeben, dass kognitive Assistenzsysteme wie Datenbrillen in den Augen der Zielgruppe nicht als nette Zusatzoption, sondern als unverzichtbares „Muss“ gelten. Mehr als die Hälfte der im Rahmen des Projektes befragten SHK-Unternehmer*innen sieht einen klaren Bedarf für den Einsatz von Datenbrillen. Sie ermöglichen den schnellen Zugriff auf wichtige Informationen und die direkte Einbindung von Expert*innen – ein wirksames Mittel zur Beschleunigung von Arbeitsabläufen. Gleichzeitig erleichtern sie die Einarbeitung neuer Personen und steigern die Attraktivität des Berufs.

Auch die technischen Assistenzsysteme, zum Beispiel Exoskelette, haben sich in den Untersuchungen als hilfreich erwiesen. In weiten Bereichen ihrer Arbeitseinsätze bewerteten die Handwerker*innen die Nutzung als deutlich muskulär entlastend. Es kristallisierte sich allerdings kein bestimmtes Exoskelett heraus, das für den SHK-Bereich eindeutig überlegen ist. Die große Vielfalt an Arbeitskontexten und individuellen Voraussetzungen der Mitarbeitenden macht es notwendig, verschiedene Modelle direkt im realen Arbeitsumfeld zu erproben. Die Entscheidung, welches Exoskelett am besten geeignet ist, sollte insofern immer gemeinsam mit den Mitarbeitenden getroffen werden. Häufig kann dies dazu führen, dass in einem Betrieb unterschiedliche Exoskelette für verschiedene Aufgaben und Personen eingesetzt werden. Dies ist jedoch kein Nachteil, sondern verdeutlicht vielmehr die notwendige Passung zwischen Fachkräften, Arbeitskontext und Exoskelett. Die Erfahrungswerte aus dem INQA-Experimentierraums Handwerksgeselle 4.0 können auch von anderen genutzt werden, um Arbeitskontexte und ihre physischen Belastungen klar zu erfassen und den jeweils passenden Exoskelett-Kategorien zuzuordnen.

Insgesamt haben drei zentrale Faktoren maßgeblich zum Erfolg des Projektes beigetragen: Trotz der Herausforderungen, die durch die Corona-Pandemie entstanden, haben alle Projektpartner*innen konstruktiv und unbürokratisch zusammengearbeitet. Entscheidend war auch, dass von Beginn an die Bedürfnisse und Erfahrungen der Handwerker*innen in den Mittelpunkt gestellt wurden. Dadurch konnten Anforderungen und Anwendungsbeispiele entwickelt werden, die sich gut in der Praxis umsetzen ließen. Darüber hinaus wurde deutlich, dass digitale Medien – während der Corona-Pandemie verstärkt als Ersatz eingesetzt – zwar eine wertvolle Unterstützung für die Praxislabore darstellten, physische Erfahrungen jedoch nicht vollständig ersetzen konnten. So erwiesen sich die direkten Versuche mit den Exoskeletten in realen Arbeitssituationen als unverzichtbar für eine realistische Bewertung der Technologie durch die Handwerker*innen.

Steckbrief

Projektleitung:

  • Matthias Thiel, Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK)

Projektpartner*innen:

  • exoIQ GmbH, Hamburg
  • TillerStack GmbH, Berlin
  • Hans Schramm GmbH & Co. KG, München

Projektlaufzeit:

01.11.2018 – 30.06.2022

Projektwebsite:

https://www.hwg40.de/

Gesundheit Beschäftigte Führungskräfte Geschäftsführung Betriebsräte
Jetzt für den Newsletter anmelden

Tra­gen Sie sich ein in den IN­QA-Ver­tei­ler und ma­chen Sie mit uns Ar­beit bes­ser!

Hier finden Sie unsere Datenschutzerklärung. Über einen Link im INQA-Newsletter können Sie sich jederzeit abmelden.