Wie ressourcenschonend arbeitet ein Unternehmen? Sorgt es für qualifizierte Arbeitsplätze? Fördert und entwickelt es Soft Skills? Nachhaltiges Handeln wird zunehmend für Unternehmen zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor. Denn wer weiterwirtschaftet wie bisher, geht unkalkulierbare Risiken ein, die im schlimmsten Fall die Existenz des Unternehmens bedrohen können. Um neben klassischen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wie dem Gewinn auch die Dimensionen Natur, Gesellschaft und Wissensfundus zu erfassen, hat das Forschungsprojekt QuartaVista (lat. „vier Blickwinkel“) neue Instrumente entwickelt und erprobt. Im Rahmen des INQA-Experimentierraums entstanden digitale Tools, die Betriebe befähigen, verstärkt auch ökologische und soziale Aspekte bei all ihren Aktivitäten zu berücksichtigen. Durch die Einbeziehung dieser Faktoren können Unternehmen ihren Erfolg zukünftig auf einer breiteren Basis bewerten, strategische Entscheidungen bewusst nachhaltig treffen und diese gegenüber Eigentümer*innen, Gesellschaft und Politik kommunizieren.
Projektziel
Ziel von QuartaVista war es, wirtschaftliches Handeln für Unternehmen, Kund*innen, Investor*innen und die Gesellschaft transparenter zu machen. Eine Frage lautete auch, inwiefern dadurch eine neue Form der Steuerung, Besteuerung und Förderung von Unternehmen möglich werden kann. Durch die Erweiterung der Bilanzen um ökologische, soziale und wissensbezogene Faktoren sollte ein innovatives Navigationsinstrument entstehen, das in vier Dimensionen Entscheidungs- und Planungshilfen bietet.
Arbeitsweise
Unter Federführung des Softwarekonzerns SAP wurde in Experimentierräumen bei den vier Projektpartner*innen aus der Lebensmittelwirtschaft eine dreistufige Methodik entwickelt und erprobt. Zunächst definierten die Partner*innen auf Basis ihrer Unternehmensmodelle und -ziele relevante Kennzahlen, die als Nachweis des nachhaltigen Wirtschaftens dienten. Im zweiten Schritt wurden diese Indikatoren ermittelt, monetarisiert und in einem Dashboard festgehalten sowie in zusätzlichen Buchhaltungskonten der SAP-Software erfasst. Wurde ein Ziel erreicht, durfte es als Wertschöpfung gebucht werden; bei Verfehlung musste eine Rückstellung gebildet werden. Das Ergebnis war eine simulierte Bilanz, die diese Nachhaltigkeitswerte auswies. Schließlich wurde als dritter Schritt eine Software („Demonstrator“) entwickelt, mit deren Hilfe unternehmensstrategisch relevante Aktivitäten bewertet und zu einer Unternehmensstrategie kombiniert werden können.
Projektergebnisse und Unterstützungsangebote für die Praxis
Der INQA-Experimentierraum QuartaVista hat die klassische Finanzbuchhaltung um zusätzliche Konten erweitert. Das Projekt zeigt, wie sich aus zuvor in den verschiedenen Nachhaltigkeitsbereichen festgelegten Kennzahlen (KPIs) konkrete Geldwerte ableiten lassen. Im Rahmen des Projektes entstand ein Dashboard-Prototyp, der einen schnellen Überblick über den aktuellen Stand dieser KPIs gibt. Zur Ermittlung der KPIs dienten beispielsweise Informationen zu Mitarbeiterverträgen und -vergütungen, Bestellungen, Kundenaufträgen oder Projektkosten. All diese Daten wurden direkt im System ermittelt, ausgewertet und im Dashboard veranschaulicht. Die KPIs wurden in verschiedene Bereiche aufgeteilt, die für jedes Unternehmen interessant sein können: Arbeitsqualität intern und extern, Wissenserhalt und -aufbau, Regionalität (oder auch regionales Wirtschaften), gesellschaftliches Engagement und Klimabilanz. Je nach Branche können zum Beispiel auch Tierwohl oder Saatgutsouveränität eine Rolle spielen. Mit dem Navigationssystem von QuartaVista erhalten Unternehmen einen ganzheitlichen Überblick über die potenziellen Auswirkungen ihrer Handlungen und eine fundierte Grundlage für nachhaltige Unternehmensentscheidungen.
Steckbrief
Projektleiter*in:
- SAP SE, Walldorf
Projektpartner*innen:
- Bingenheimer Saatgut AG, Echzell
- Bodan Großhandel für Naturkost GmbH, Überlingen
- Bohlsener Mühle GmbH & Co. KG, Bohlsen
- Cognostics AG, Pullach im Isarta
- Parmenides Stiftung, Pullach
- Regionalwert AG – Bürgeraktiengesellschaft in der Region Freiburg, Emmendingen
Projektlaufzeit:
01.11.2018 – 28.02.2021