Diversity 2 Minuten Lesezeit „Ge­flüch­te­te möch­ten ein nor­ma­ler Teil des Teams sein.“ Startseite Angebote Praxisbeispiele
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Sarah Strobel ist Projektleiterin beim DIHK-Netzwerk Unternehmen integrieren Flüchtlinge. Das Netzwerk unterstützt und berät Betriebe aller Größen, Branchen und Regionen, die geflüchtete Menschen beschäftigen oder sich ehrenamtlich engagieren wollen. Im Interview gibt Sarah Strobel Tipps, was beim Einstellungsprozess und darüber hinaus zu beachten ist.

Inwieweit kann das Netzwerk Unternehmen integrieren Flüchtlinge Betriebe unterstützen, die Menschen mit Fluchthintergrund einstellen möchten?

Eine wichtige Aufgabe des Netzwerks ist die Beratung von Unternehmen. Das heißt, wenn ein kleiner Tischlerei-Betrieb sich fragt, wie er Geflüchtete einstellen oder ausbilden kann, dann geben wir Wissen zu den ersten rechtlichen Fragen weiter. Dazu gehört zum Beispiel: Welchen Aufenthaltstitel muss die Person haben, um überhaupt arbeiten zu dürfen? Wo steht in den Aufenthaltspapieren geschrieben, ob Zugang zum Arbeitsmarkt besteht? Welche Fördermöglichkeiten gibt es für den Start? Aber auch bei Themen wie Onboarding oder Sprache unterstützen wir, denn vor allem Sprache ist immer noch eine der großen Herausforderungen, wie viele Mitgliedsbetriebe berichten.

Wie schaffen Unternehmen eine betriebliche Willkommenskultur, vor allem in Hinblick auf Geflüchtete und worauf sollte man beim Onboarding achten?

Der erste Schritt auf dem Weg zu einer betrieblichen Willkommenskultur ist es, die Stammbelegschaft einzubinden. Dabei sollten die Führungskräfte des Unternehmens ein klares Bekenntnis abgeben, warum man Menschen mit Fluchthintergrund beschäftigen möchte. Ein Malerei-Betrieb aus Niedersachsen hat beispielsweise so argumentiert: Wir stellen Geflüchtete ein, weil es aufgrund des demografischen Wandels schwieriger wird, neue Arbeitskräfte oder Auszubildende in Deutschland zu finden. Die neuen Mitarbeiter*innen sichern das Fortbestehen des Unternehmens und damit auch euren Arbeitsplatz. Darüber hinaus empfiehlt es sich jemanden im Unternehmen zu benennen, der bereit ist, Ansprechperson für alle zu sein, die noch Bedenken haben. Im zweiten Schritt sollten Arbeitgeber den neuen Kolleg*innen jemanden zur Seite stellen, der sie durch die Anfangszeit begleitet – im Idealfall auch über die Arbeit hinaus bei Fragen wie zum Beispiel: Wo gibt es einen Sportverein? Wie meldet man das Kind in der Kita an? Und was auch zum Thema Willkommenskultur dazugehört – gerade in der aktuellen Zeit – ist die Unterstützung bei der Wohnungssuche. Viele Betriebe im Netzwerk helfen hierbei den neuen Mitarbeiter*innen, manche stellen sogar selbst Betriebswohnungen zur Verfügung.

Welche besonderen Herausforderungen können bei der Beschäftigung Geflüchteter für Arbeitgeber entstehen und wie kann man diese überwinden?

Was tatsächlich viele Unternehmen als eine Herausforderung sehen, sind aufwändige rechtliche Verfahren, das zeigt regelmäßig unsere Mitgliederbefragung, die wir einmal im Jahr durchführen. Das gilt nicht so sehr für Geflüchtete aus der Ukraine. Für sie hat die EU mit dem „vorübergehenden Schutz“ den sofortigen Zugang zum Arbeitsmarkt eröffnet. Für Geflüchtete aus anderen Herkunftsländern kann es schwieriger werden. Viele Unternehmen bieten deshalb auch an, ihre Mitarbeiter*innen in die Ausländerbehörde zu begleiten. Bei Menschen aus der Ukraine spielt dagegen das Thema Bleibeabsichten eine Rolle.

Wie gelingt es Unternehmen, die neu gewonnenen Mitarbeitenden langfristig zu integrieren?

Es ist wichtig, dass die Personen sich zu einem gewissen Zeitpunkt wirklich im Unternehmen angekommen fühlen. Viele Geflüchtete berichten uns, dass sie irgendwann keine Sonderrolle mehr spielen wollen. Sie möchten einfach ein normaler Teil der Belegschaft sein und mehr mit ihrem Fachwissen und ihren Hobbys in Verbindung gebracht werden als mit ihrer Fluchtgeschichte. Und ich glaube, wenn das erreicht ist, dann ist die Integration ins Unternehmen geglückt.

Inwieweit spielt soziales Engagement bei den Unternehmen in Ihrem Netzwerk eine Rolle?

Im Gespräch mit unseren Mitgliedsunternehmen merkt man meist sehr klar: Integration von Geflüchteten ist für sie ein gesamtgesellschaftlich relevantes Thema. Es ist ihnen wichtig, Menschen eine Chance zu geben, über einen Beruf in Deutschland anzukommen. Das Netzwerk hat einen sehr großen Schwerpunkt auf KMU. Wir haben viele kleine und mittelständische Unternehmen – 75 Prozent der 4.000 Mitglieder – und gerade, wenn man mit kleineren Familienbetrieben spricht, dann hört man dieses Argument immer wieder.

Was würden Sie Unternehmen raten, die darüber nachdenken geflüchtete Menschen einzustellen?

Ich würde ihnen raten: Trauen Sie sich und gehen Sie den Weg! Denn auch wenn man jemanden einstellt, der in Deutschland geboren ist, weiß man nicht, ob es funktioniert. Warum soll man es dann nicht auch einmal mit jemanden probieren, der woanders herkommt? Kolleg*innen mit einem anderen Hintergrund sorgen für mehr Diversität und können in einem Team viel Positives in Bewegung setzen. Wenn man sich die Frage stellt, ob man dem Aufwand gewachsen ist, ist es unsere Stärke als Netzwerk zu sagen: Es gibt viele Unternehmen in Deutschland, die den Weg bereits erfolgreich gegangen sind. Wir bieten den Betrieben gern an, sie mit einem Unternehmen aus der gleichen Branche in ihrer Nähe zu vernetzen und in den Austausch darüber zu gehen, welche Herausforderungen es gab und wie sie sie gemeistert haben.

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