Was haben wir beim Thema Arbeitsschutz durch die Corona-Pandemie gelernt?
Klar ist: Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz sind in mehrfacher Hinsicht unverzichtbar. Viele Arbeitgeber und Beschäftigte verbanden Arbeitsschutz vor der Pandemie nur mit einzelnen Aspekten wie Unterweisungen in der Nutzung von Schutzausrüstungen, Erste Hilfe oder Brandschutz. Mit der Pandemie zeigte sich jedoch, dass deutlich mehr dazu gehört: Ohne die systematische Erstellung von Hygienekonzepten auf Basis einer Gefährdungsbeurteilung wäre es in den meisten Betrieben nicht möglich gewesen, Produktion und Dienstleistungen aufrecht zu erhalten.
Wie zeigte sich das konkret?
Die Corona-Pandemie hat das ganze Spektrum des betrieblichen Arbeitsschutzes gefordert: Dazu gehörte zum einen die sichere Gestaltung und der sichere Betrieb der Arbeitsstätte. Dies wurde durch Abstandsregeln und infektionsschutzgerechtes Lüften umgesetzt. Zum anderen brauchte es Maßnahmen der Arbeitsorganisation, in diesem Fall die Verringerung betriebsbedingter Personenkontakte. Und als Drittes gab es die personenbezogenen Maßnahmen. Dazu zählten insbesondere die Maskenpflicht überall dort, wo technische Maßnahmen nicht ausreichten, aber auch die betrieblichen Testangebote zum Schutz vor Infektionseinträgen in den Betrieb. Ein Punkt ist mir zudem zusätzlich wichtig: Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Betriebsärzt*innen, Berufsgenossenschaften und Arbeitsschutzbehörden standen den Betrieben und Beschäftigten dabei mit Rat und Tat zur Seite. So hat sich der Arbeitsschutz gerade in der Krise bewährt.
Corona hat auch den flächendeckenden Einsatz von Homeoffice befördert, zeitweise als Homeoffice-Pflicht. Was bedeutete das für den Arbeitsschutz?
Die rasche Umsetzung von Homeoffice hat wichtige Beiträge zur Bewältigung der Pandemie geleistet. Infektionen beim Weg von und zur Arbeit und beim Kontakt mit Kolleg*innen und Kund*innen konnten vermieden werden. Wie wichtig ein ergonomisch gestalteter Bildschirmarbeitsplatz für Gesundheit, Motivation und Produktivität ist, wurde ebenfalls sehr schnell deutlich. Nicht zu vergessen natürlich die große Bedeutung, die regelmäßige soziale Kontakte im Betrieb haben, sei es zu den Kolleginnen und Kollegen, den Vorgesetzten oder Kund*innen. Entsprechend ist hier auch das Bewusstsein und die Bereitschaft für gesunde Führung in der Krise gewachsen.
In der Omikron-Welle erleben wir, dass zahlreiche Beschäftigte durch COVID-19-Erkrankungen oder Long-COVID ausfallen und Kolleg*innen dies auffangen müssen. Wie können Betriebe damit umgehen?
Personalausfälle aufzufangen, bleibt immer eine Herausforderung für Unternehmen. Generell aber ist es wichtig, gesundheitlich eingeschränkten Mitarbeitenden eine stufenweise Rückkehr an den Arbeitsplatz zu ermöglichen und mit den betroffenen Personen Rückkehrgespräche zu führen. Im Übrigen sind Unternehmen bei längerer Erkrankung – darunter auch die langfristigen Nachwirkungen von COVID-19 – verpflichtet, der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anzubieten. Detaillierte Informationen hierzu bieten die Berufsgenossenschaften.
Ein Blick nach vorn: Welche zentralen Botschaften würden Sie Unternehmen und Beschäftigten für die Verbesserung von Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz mit auf den Weg geben?
Zum Ersten: Die Beschäftigten sind die besten „Expert*innen vor Ort“, wenn es um ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit geht! Sie sind daher bei der Gestaltung ihrer Arbeitsbedingungen immer einzubeziehen und zu beteiligen. Zum Zweiten: Betriebe müssen am Ball bleiben! Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit sind eine betriebliche Daueraufgabe. Diese wird aber nicht zur Last, wenn man sich regelmäßig etwas Zeit dafür nimmt. Team- und Führungskräftemeetings sind geeignete Anlässe, um aktuelle Probleme von Sicherheit anzusprechen, gemeinsam Maßnahmen festzulegen und deren Wirksamkeit zu kontrollieren. Auch Beschaffungen und Aufträge bieten immer Gelegenheiten, Fragen von Sicherheit und Gesundheit mitzudenken und mit Lieferant*innen und Auftraggeber*innen zu besprechen.