Was hat Sie motiviert, sich auch im Ruhestand weiter für ältere Arbeitnehmer einzusetzen und ein Start-up zu gründen?
Der demografische Wandel bringt große Herausforderungen, aber eben auch Chancen. Bis 2035 werden uns rund 6,5 Millionen Arbeitskräfte fehlen. Da müssen Unternehmen umdenken und ihre Mitarbeitenden 50+ fördern. Wir müssen die Erfahrenen unbedingt an Bord halten. Dafür braucht es einen Kulturwandel, eine neue Wahrnehmung. Ich wollte zeigen: Man ist nie zu alt, wenn man für eine Sache brennt. Deswegen habe ich mit 65 das Start-up „Mikulla & Partner Change Maker 50+“ gegründet, um ältere Beschäftigte in Unternehmen zu unterstützen. Das soll auch anderen Mut machen. Das Start-up ist aus einer Idee hervorgegangen, die ich als Angestellter bei Beiersdorf hatte. Dort wollten wir ein Zeichen setzen, dass wir Älteren noch viel draufhaben. Dass wir dem Unternehmen mit unserer Erfahrung und unserem Wissen viel geben können. Daraus ist dann ein aktives Netzwerk geworden, das viel bewegt hat, unsere Gruppe "Neue Generation 50+". Dafür haben wir von unserer Unternehmensführung und unseren direkten Führungskräften volle Unterstützung erhalten.
Welche Herausforderungen sehen Sie für ältere Beschäftigte im Arbeitsalltag?
Viele fühlen sich nicht mehr wertgeschätzt und abgehängt bei der Digitalisierung. Manche haben innerlich schon die Kündigung eingereicht, auch weil Unternehmen manchmal signalisieren: "Ihr Alten werdet eh nicht mehr gebraucht." Klar, dass da Motivation und Leistung in den Keller gehen. Lebenslanges Lernen ist der Schlüssel, um relevant und wertgeschätzt zu bleiben. Gesundheit ist ebenfalls ein ganz wichtiges Thema.
Viele passen Ernährung und Bewegung nicht ans Alter an. Dabei ist es von 50 bis zur Rente mit 67 noch ein ganzes Stück. Wenn ich krank und unmotiviert bin, fällt mir alles schwerer. Unternehmen können eine Menge tun, damit ihre Beschäftigten gesund und fit bleiben. Damit meine ich auch die psychische Gesundheit. Denn wichtig sind auch Wertschätzung und Vertrauen. Wenn ich die als Mitarbeitender nicht spüre, dann kann mich das krankmachen. Aber mit Anerkennung und Perspektiven bleibe ich motiviert und leistungsfähig.
Was können Unternehmen tun, um die Potenziale Älterer zu heben?
Vertrauen und Wertschätzung, Weiterbildungsangebote und Gesundheitsmaßnahmen sind das A und O. Chefs sollten sich darüber hinaus regelmäßig mit älteren Mitarbeitern zusammensetzen und fragen: Wie stellst du dir die nächsten Jahre vor? Was sind deine Wünsche? Dann kann man zum Beispiel gemeinsam flexible Arbeitszeiten oder andere Arbeitsmodelle planen.
Bei Beiersdorf haben wir einen eigenen Kommunikationskanal und einen Info-Hub aufgebaut. Mitarbeitende 50+ finden dort alles zu Gesundheit, Weiterbildung und Rente. In Lern- und Vortragsformaten tauschen sich Jung und Alt aus. Jeder bringt sein Wissen ein, da lernen alle voneinander und das stärkt auch das Selbstbewusstsein der Älteren. Wichtig ist es, alle mitzunehmen. Nur so klappt der Kulturwandel.
Welche Vorteile bringt die Generation 50+ ins Unternehmen ein?
Ältere haben natürlich viel Erfahrung und sind oft gelassener. Wenn's stressig wird, bewahren sie eher einen kühlen Kopf. Sie wechseln nicht so schnell den Job und geben ihr Wissen an die Jungen weiter. Gemischte Teams sind ideal: Die Jungen haben die frischen Ideen, die Älteren die Expertise. Vom Erfahrungsaustausch profitieren alle.
Viele Unternehmen kämpfen mit einer hohen Fluktuation, gerade bei den jüngeren Mitarbeitenden. Ältere sind loyaler, aber irgendwann auch frustriert, wenn sie dauernd neue Kolleg*innen einarbeiten müssen. Unternehmen müssen also gerade bei hoher Fluktuation die Erfahrenen bei der Stange halten. Dafür braucht es ein gutes Onboarding und Ideen, wie man Mitarbeitende ans Unternehmen bindet. All das trägt dazu bei, dass die Leute gesund und motiviert bis zur Rente arbeiten und vielleicht sogar noch länger. Davon profitiert am Ende die ganze Gesellschaft.