Der Wunsch nach mehr Freiraum und Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ist ein entscheidender Faktor bei der Mitarbeiterzufriedenheit. Unternehmen reagieren mit der Einführung flexiblerer Arbeitszeitmodelle. Vor allem Arbeitszeitkonten und lebensphasenorientiertes Arbeiten stehen hoch im Kurs. Denn Arbeitszeitkonten sind zwar frei von Aufwand, bringen jedoch spürbaren Nutzen. Unternehmen und Beschäftigte profitieren gleichermaßen, wenn das häufige Streitthema Arbeitszeit befriedet wird. Zwei unterschiedliche Beispiele – die AWO Unterfranken und der Werkzeugbauer Trumpf – zeigen, wie innovative Arbeitszeitkonten aussehen können.
Arbeitszeitkonto: 3 Modelle bei der AWO Unterfranken
Ob im Seniorenheim oder Krankenhaus: Wer in der Pflege arbeitet, kommt um Schichtdienste und so manche Überstunde nicht herum. Doch die ungeplante Mehrarbeit sorgte bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Unterfranken immer wieder für Unmut bei den Beschäftigten. Unternehmen und Beschäftigte haben sich daher dieses Konfliktherdes angenommen und eine Betriebsvereinbarung zu Arbeitszeit und Dienstplangestaltung entwickelt. Von Umkleidezeiten bis hin zu einer Checkliste, wann Beschäftigte in Belastungsspitzen aus ihrer freien Zeit in den Dienst geholt werden können, gilt nun ein klares Regelwerk für beide Seiten. Doch das war nur der erste Schritt.
Ein klassisches Arbeitszeitkonto, in dem die Arbeitszeiten erfasst werden, ist mit einem Ampelsystem zur Warnung vor Überlastung verknüpft: Bei Mehrarbeit springt sie ab einem definierten Punkt auf Gelb. Das signalisiert, dass auf den Stundenstand geachtet werden muss. Droht akute Überlastung, rutscht die Ampel auf Rot, und Schutzmaßnahmen können greifen.
Zur Steuerung von Mehrarbeit über einen längeren Zeitraum gibt es das Anspar-Arbeitszeitkonto. Ähnlich einem Sparbuch können die Beschäftigten damit geleistete Überstunden „anlegen“ und innerhalb des restlichen Kalenderjahres in Form von bezahltem Freizeitausgleich wieder einlösen.
Hier zahlen die Beschäftigten Teile ihres Gehalts in ein Wertguthaben ein. Wollen sie später weniger arbeiten, können sie das Guthaben entnehmen, z. B. um Angehörige zu pflegen, in Teilzeit zu wechseln oder ein Sabbatical zu machen.
Toolbox: Wertguthaben
Ein Wertguthaben ist ein sogenanntes Langzeit- oder Lebensarbeitszeitkonto. Beschäftigte können darin Teile ihres Arbeitsentgelts ansparen, um dieses später für eine Reduzierung der Arbeitszeit oder Auszeiten zum Übergang in den Ruhestand zu verwenden. Eingezahlt werden können Teile des Gehalts, aber auch Überstunden und Mehrarbeit, Gratifikationen, Einmalzahlungen, Zuschläge und andere Entgeltbestandteile. Das Besondere: Steuern und Sozialabgaben werden in der Ansparphase gestundet und erst bei Auszahlung fällig.
Lebensphasenorientiertes Arbeiten bei Trumpf: Auf die Jahresarbeitszeit kommt es an
Mit über 14.000 Beschäftigten gehört Trumpf zu den weltweit größten Anbietern von Werkzeugmaschinen und Lasertechnik. Schon 2011 verabschiedete sich das Unternehmen von der 35-Stunden-Woche und setzt seitdem auf lebensphasenorientiertes Arbeiten. So erhielten die Mitarbeiter*innen zunächst die Möglichkeit, alle zwei Jahre die eigene Wochenarbeitszeit individuell und nach Bedarf aufzustocken oder zu reduzieren. Später wurde das Modell weiterentwickelt und von Wochenarbeitszeit auf Jahresarbeitszeit umgestellt. Hierbei verfügen die Beschäftigten über ein Gleitzeitarbeitskonto von bis zu 200 Über- und 100 Unterstunden. Mitarbeiter*innen und Führungskräfte können darüber in gegenseitiger Absprache frei verfügen und auf kurzfristige Schwankungen reagieren. Am Ende des Geschäftsjahres muss das Konto ausgeglichen sein. Zusätzlich dazu haben die Beschäftigten ebenfalls die Möglichkeit, einen Teil ihres Lohns in ein Wertguthaben einzuzahlen und so für spätere Lebensphasen zurückzulegen, in denen sie weniger arbeiten wollen.
Toolbox: Jahresarbeitszeitkonto
Ein Jahresarbeitszeitkonto ist ein sogenanntes Kurzzeitkonto. Es erfasst die Arbeitszeiten für ein Jahr. Unternehmen wie Beschäftigte können das Konto nutzen, um vorübergehend mehr oder weniger zu arbeiten. Entscheidend ist der Kontoausgleich zum Ende des Kalenderjahres.