Es ist Montagmorgen, 8 Uhr, als das Telefon klingelt: Ein wichtiger Kunde braucht sofort eine Entscheidung über eine Liefertermin-Änderung, und ausgerechnet heute ist die Teamleitung krank. Was also tun? Die erfahrene Mitarbeiterin am Telefon kennt die Produktionskapazitäten, weiß um die Kundenprioritäten und könnte die Entscheidung problemlos treffen – doch der Prozess sieht vor, dass solche Entscheidungen nur die Teamleitung fällen darf. Hier verschenken Unternehmen Potenzial. Wenn Fachkräfte ihre Expertise direkt einbringen dürfen, profitieren alle – Abläufe werden schneller, Arbeit wird sinnvoller, und die Organisation gewinnt an Agilität.
Stimmen die Rahmenbedingungen profitieren Unternehmen von Empowerment doppelt, denn sie nutzen vorhandenes Know-how optimal und schaffen ein attraktives Arbeitsumfeld, das Fachkräfte anzieht und bindet.
Empowerment stärkt dabei nicht nur die Eigenverantwortung, sondern auch das Vertrauen innerhalb von Teams – eine wichtige Grundlage für psychologische Sicherheit und eine offene Lernkultur. Damit das Empowerment von Mitarbeitenden gelingt und diese ihre Expertise voll einsetzen können, ist es aber wichtig, sie nicht zu überfordern oder mit unklaren Rollen allein zu lassen.
Zusammenarbeit auf Augenhöhe
Wer sein Wissen und seine Erfahrung direkt in die eigene Arbeit einbringen kann, arbeitet motivierter und effektiver. Damit das gut gelingt, wird in einem gemeinsamen Prozess geklärt, welche Entscheidungen eigenständig getroffen werden können und welche Unterstützung dafür nötig ist. Diese Zusammenarbeit auf Augenhöhe nutzt vorhandene Fachexpertise bestmöglich und steigert die Motivation durch echte Beteiligung.
Erfahrene Mitarbeitende können ihre Expertise direkt in die Projektplanung einbringen und eigenständig Entscheidungen in ihrem Fachbereich treffen. Das zeigt sich ganz unterschiedlich: selbständigere Gestaltung von Arbeitszeiten und Arbeitsort, eigenständige Schichtplanung im Team oder eigenverantwortliche Verwaltung von Weiterbildungsbudgets.
Auch in bereichsübergreifenden Projekten, der flexiblen Gestaltung von Arbeitszeiten oder bei der Einführung neuer digitaler Tools kann Empowerment entscheidend sein, denn Mitarbeitende, die an Entscheidungen beteiligt sind, bringen ihre Praxiserfahrung aktiv ein und erhöhen so die Umsetzungsqualität.
Die wichtigsten Vorteile für Mitarbeitende im Überblick:
- Höhere Arbeitszufriedenheit durch mehr Gestaltungsspielraum
- Direktere Nutzung der eigenen Fachexpertise
- Schnellere Reaktionen ohne lange Abstimmungswege
- Mehr Eigenverantwortung und Entwicklungsmöglichkeiten
- Attraktivere Arbeitsbedingungen und bessere Work-Life-Balance
Dieser höhere Handlungs- und Entscheidungsspielraum macht Unternehmen attraktiver für Fachkräfte. Empowerment erfordert oft einen Kulturwandel von hierarchisch geprägten Entscheidungsprozessen hin zu einer offenen Fehler- und Lernkultur, in der alle voneinander lernen können.
Dabei verändert sich auch die Rolle der Führungskräfte. Sie werden zu Ermöglicher*innen, die Orientierung geben, Vertrauen schaffen und Mitarbeitende gezielt in ihrer Entwicklung unterstützen.
Für Unternehmen bedeutet das: Führung wird mehr zur gemeinsamen Verantwortung im Team. Das stärkt die Identifikation und verbessert die Zusammenarbeit über Hierarchiegrenzen hinweg.
Erfolgsfaktoren für die Praxis
Erfolgreiches Empowerment braucht klare Vereinbarungen über neue Rollen, schrittweise Einführung und ausreichend Unterstützung für alle Beteiligten. Wichtig dabei: Empowerment bedeutet nicht, dass Mitarbeitende mit mehr Verantwortung allein gelassen werden. Führungskräfte haben weiterhin eine wichtige, jedoch veränderte Rolle:
Sie unterstützen ihre Mitarbeitende mit allem, was diese für ihre erweiterten Verantwortlichkeiten brauchen – Zugang zu nötigen Ressourcen, Vernetzung mit relevanten Partner*innen und Rückhalt bei der Gesamtentwicklung von Projekten. Gleichzeitig nutzen Führungskräfte bewusst Lernmöglichkeiten für ihre Mitarbeitenden und schaffen Raum für Kompetenzentwicklung.
Diese neue Art der Zusammenarbeit unterscheidet sich grundsätzlich von traditionellen hierarchischen Strukturen und braucht oft eine Anpassungszeit für alle Beteiligten. Regelmäßiges Feedback und offene Kommunikation helfen dabei, alle mitzunehmen und nachhaltiges Empowerment zu gewährleisten.
Hilfreich ist zudem, regelmäßig gemeinsam zu reflektieren, welche neuen Freiräume gut funktionieren und wo Anpassungen nötig sind. Kleine Pilotprojekte oder Feedbackschleifen können helfen, Erfahrungen zu sichern und Vertrauen aufzubauen.
So wird Empowerment zum kontinuierlichen Lernprozess, der sich mit der Organisation weiterentwickelt und nicht zu einem einmaligen Projekt.
Empowerment trägt damit zu einer modernen Arbeitskultur im Sinne der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) bei: Gute Arbeit gestalten, Beteiligung fördern, Führung stärken und Fachkräfte langfristig binden.
Wissenschaftlich begleitete Unterstützung durch ERNA
Genau diese sorgfältige Begleitung bietet das Forschungsprojekt ERNA der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Das Projekt „Empowerment: Risiken und Nebenwirkungen agiler Arbeit für Mitarbeitende und Führungskräfte" untersucht systematisch, wie Empowerment erfolgreich umgesetzt werden kann und welche Faktoren Risiken minimieren.
Wenn Sie eine Veränderungsmaßnahme mit Fokus auf Empowerment, New Work oder agilen Arbeitsformen planen oder bereits durchführen, können Sie kostenlos teilnehmen. Sie erhalten dabei nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern auch praktische Unterstützung für Ihren eigenen Empowerment-Prozess.
Das erhalten Sie als teilnehmendes Unternehmen:
- Wissenschaftliche Begleitung bei Ihrer Veränderungsmaßnahme
- Maßgeschneiderte Analyse Ihrer aktuellen Unternehmenskultur und Führungsansätze
- Konkrete Hinweise zur Einführung von Empowerment und zur Gestaltung von Veränderungsmaßnahmen
- Workshop für Ihre Führungskräfte
Teilnahme und praktische Details
Sie können teilnehmen, wenn Sie ein Unternehmen oder eine Behörde aus dem deutschsprachigen Raum sind – ohne Größenbeschränkung. Voraussetzung ist eine geplante oder laufende Veränderungsmaßnahme mit Empowerment-Fokus – etwa die Einführung teilautonomer Arbeitsgruppen, eigenständiger Arbeitsplanung, flacher Hierarchien, flexibler Arbeitszeitmodelle oder agiler Arbeitsmethoden.
Ihre Teilnahme ist kostenlos und der Aufwand überschaubar: Es finden wiederholte Befragungen zwischen Januar und Dezember 2026 statt. Die genauen Zeitpunkte der Befragungen erfolgen nach jeweiliger Abstimmung mit der teilnehmenden Organisation. Die Befragungen dauern etwa 15-20 Minuten pro Befragungswelle. Der Datenschutz hat höchste Priorität – alle Daten werden anonymisiert erhoben und ausschließlich für Forschungszwecke verwendet.
Kontakt für interessierte Unternehmen:
- Dr. Kai Klasmeier: klasmeier.kai@baua.bund.de
- Franziska Dennißen: dennissen.franziska@baua.bund.de
Das Forschungsprojekt ERNA bietet Ihnen die Chance, den Weg zu mehr Empowerment wissenschaftlich begleitet und mit professioneller Unterstützung zu gehen.