Kopf ausschalten, Füße hochlegen und tief durchatmen: Viele Beschäftigte haben in den Ferien ihren Energiehaushalt aufgetankt. Nun kehren sie erholt und mental gestärkt in die Arbeitswelt zurück. Dieser Zustand fördert insbesondere die eigene Resilienz – wobei resilient sein bedeutet, widerstandsfähig zu sein. Das umfasst nicht nur, gut mit akut belastenden Situationen umgehen zu können, sondern auch langfristig aus ihnen zu lernen.
Resilienz-Dossier und Stimmen aus der KMU-Welt: Fokus nicht auf Probleme, sondern auf Lösungen legen
Diese Kompetenz kann im Privatleben helfen, aber auch in der Arbeitswelt. Wie diese Widerstandsfähigkeit von Betrieb und Beschäftigten erhöht werden kann, damit befassen sich die fünf Beiträge des INQA Resilienz-Dossiers. „Je besser Beschäftigte in der Lage sind, psychische Belastungen zu meistern, desto resilienter sind auch die Unternehmen und Verwaltungen, in denen sie arbeiten“, ist sich Dr. Gerhard F. Braun, INQA-Botschafter und Mitglied des Präsidiums der BDA, im INQA-Gespräch zum Resilienz-Check sicher. Eine stabile Unternehmenskultur ist allerdings kein Selbstläufer. Faktoren wie Arbeitsabläufe, Arbeitsorganisation, Belastungsbeurteilung sowie Arbeitszeitregelungen müssen stimmen.
In den aktuellen INQA-Twitter-Videos kommen „Stimmen aus der KMU-Welt“ zu den Themen “resiliente Unternehmen” und “Resilienz stärken” zu Wort. Geschäftsführer*in, Teamleiter*in und Beschäftigte*r berichten, wie sie mit ihren Unternehmen, Handwerksbetrieben oder Verwaltungen die aktuelle Krise überstehen – und was sie langfristig aus ihr lernen können. „Was ganz wichtig ist: Dass man den Fokus nicht auf die Probleme legt, sondern auf die Lösungen“, resümiert Caroline Dietze, Beschäftigte bei der Gesundheitskasse AOK im Video “Resiliente Unternehmen”. Wie Organisationen insgesamt und Beschäftigte im Speziellen die Fähigkeit zur Resilienz ausbauen können, darüber erzählen die Befragten im Video „Resilienz stärken“. Björn Warkalla, Geschäftsführer bei planpolitik, teilt sich beispielsweise die Geschäftsführung mit seinem Kollegen Simon Raiser: „Wenn man resilienter sein möchte: Als Chef möglichst nicht allein Chef sein, sondern zu zweit“.
Das Resümee aller Beteiligten: Es ist wichtig, Krisen vorzuarbeiten und mit dem eigenen Unternehmen stets zukunftsfähig zu sein. Heißt, Prozesse und Strukturen ständig zu beleuchten und weiterzudenken. Wie kann ich Digitalisierung vorantreiben? Was sind die neuen Aufgaben für Führungskräfte? Wie können Verantwortliche das Miteinander stärken? Miriam Schilling, Leiterin der Personalabteilung beim Outdoor-Ausrüster VAUDE, ist sicher, dass eine starke Vertrauenskultur das A und O ist – und diese mit klarer Kommunikation gestärkt wird. „Menschen brauchen in Krisen gute Informationen, dann fühlen sie sich sicher und geleitet“, sagt sie im INQA-Interview.
INQA-Tipps für resiliente Organisationsstrukturen
Aus den Kurzvideos und den Beiträgen des INQA-Resilienz-Dossiers hat INQA acht konkrete Tipps zusammengestellt, mit denen Unternehmen und Verwaltungen nachhaltig resilientere Strukturen schaffen können.
Kommunikatives Miteinander fördern
Egal ob Geschäftsführer*innen, Führungskräfte oder Beschäftigte: Möglichst jede Stimme innerhalb des Betriebs sollte Gehör finden. Dafür ist es hilfreich, regelmäßige Gesprächsrunden zu initiieren, zum Beispiel in Wochenrückblicken mit dem gesamten Team oder in kurzen täglichen Treffen mit weniger Teilnehmer*innen. Wichtig ist, dass eine ehrliche Diskussion zustande kommt, die sachlich und konstruktiv verläuft. Der regelmäßige Austausch schafft Transparenz und eine offene Atmosphäre – eine wichtige Grundlage für eine resiliente Vertrauenskultur.
Klare und gemeinsame Ziele verfolgen
Was will das Unternehmen erreichen? Wo möchten Mitarbeitende hin? Wie können Innovationen gelingen? Bedeutend ist, in den Gesprächen nicht nur im Hier und Jetzt zu verharren, sondern auch Perspektiven zu erkennen – und den Fokus nicht nur auf die Probleme zu legen, sondern auf die Lösungen. Dafür braucht es bei allen Beteiligten lösungsorientiertes Denken und Handeln. Führungskräfte sollten gemeinsam mit den Teams den Soll-Zustand des Unternehmens definieren, aber auch für jeden Beschäftigten langfristige Entwicklungsziele festlegen.
Menschen zu Veränderungswillen motivieren
Nur wer flexibel ist, kann sich gut an neue Situationen anpassen und das Beste aus ihnen machen. Deshalb kommt es darauf an, offen zu sein für neue Chancen. Diese Mentalität lässt sich fördern, zum Beispiel indem Mitarbeitende mehrere, bereichsübergreifende Tätigkeiten ausüben. Stichwort: Mehrfachqualifikation. Solche Prinzipien stärken zum einen den Wissenstransfer, zum anderen können die Beschäftigten stressfreier für kurz- oder langfristig ausfallende Kolleg*innen einspringen. Das Konzept ist nicht nur in Büros, sondern auch und vor allem in der Produktion sehr gut anwendbar.
Prozesse flexibel gestalten
Flexibilität ist nicht nur bei den Menschen eine wichtige Eigenschaft, auch Prozesse sollten nicht zu starr gestaltet sein. So können KMU und Verwaltungen schneller auf Entwicklungen am Markt und individuelle Herausforderungen eingehen und ins Handeln kommen - ohne auf lange bürokratische Genehmigungen angewiesen zu sein. Vor allem flexible Arbeitszeiten sind wichtig – egal, ob im Dienstleistungsbereich, in der Produktion oder Montage. Denn: Zeitsouveränität ist einer der wichtigsten Zufriedenheitsfaktoren. So können Mitarbeitende Privatleben und Beruf besser miteinander vereinen.
Vermehrt Digitales einsetzen
Je digitaler die Unternehmen aufgestellt sind, desto besser kommen sie durch die Krise. Auch KMU, die bislang nur standortbezogen vertrieben haben, können ihre Produkte zusätzlich zur stationären Verkaufsfläche in einem Online-Shop anbieten – und das mit großem Erfolg. Stillstand heißt Rückschritt – insbesondere beim schnellebigen Thema Digitalisierung. Wichtig ist dabei ebenfalls, die verwendete Soft- und Hardware-Ausstattung stetig zu prüfen und zu aktualisieren. Außerdem erleichtert eine generelle, digitale Ausstattung im Krisenfall die schnelle Umstellung auf ein funktionierendes Homeoffice.
Führung wertschätzend angehen
Respektvoll miteinander umgehen, gute Arbeit anerkennen, sich Zeit nehmen für die Bedürfnisse eines jeden: Wertschätzende Führung ist eine Methode, mit der die Zufriedenheit im Unternehmen deutlich steigt – und damit ein maßgeblicher Faktor für Resilienz. Dabei lohnt es sich, Zeit zu investieren und mit allen Beteiligten in Ruhe zu sprechen und zu verdeutlichen, dass es nie nur um Sachfragen geht. Auch diese Kompetenz lässt sich trainieren. Führungskräfte können zum Beispiel dafür sorgen, dass beim Teamaustausch neben beruflichen auch private Themen Platz haben und so aktiv für ein empathisches Umfeld sorgen. In Krisen wie der Corona-Pandemie kann sich Wertschätzung auch in eingeführten Schutzmaßnahmen äußern. Durch sie fühlen sich Beschäftigte „gesehen“ und anerkannt – das macht sie schlussendlich zufriedener.
Achtsamkeit fest integrieren
Eine resiliente Unternehmenskultur beruht auf Achtsamkeit. Dabei helfen können aktive Trainings für Führungskräfte und Beschäftigte. Übungseinheiten sorgen zum einen für mentale Stärke, zum anderen haben sie eine klare Botschaft: Emotionen spielen eine wichtige Rolle für das psychische Wohlbefinden und somit für die eigene Widerstandsfähigkeit. Achtsamkeit ist die Fähigkeit, die eigene Aufmerksamkeit bewusst zu regulieren. Ein wichtiger Faktor, um auch im Beruf souverän zu agieren.
Interesse und Lernbereitschaft der Beschäftigten bestärken
Der Arbeitstag wird in den meisten Berufen immer digitaler. Um mit dieser Herausforderung gut umgehen zu können, bedarf es neuer Kompetenzen. Gut vorbereitet kann man eine Krise besser bewerkstelligen, wenn sie kommt. Außerdem lohnt es sich, Beschäftigte selbst zu fördern. Führungskräfte sollten das Thema Weiterbildung deswegen ernst nehmen und Interessen sowie Potenziale der Beschäftigten aktiv vorantreiben. Denn: Neue Dinge auszuprobieren und die Bereitschaft konsequent weiter zu lernen, erhöht die Innovationsfähigkeit des Betriebes und macht das Unternehmen nachhaltig krisenfester.
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