Die Arbeit in der Pflege kann mit hohen körperlichen Belastungen einhergehen. Gesundheitliche Beeinträchtigungen und ein frühes Ausscheiden aus dem Beruf können die Folge sein. Zugleich befördert der demografische Wandel zusätzlichen Bedarf an Fachkräften in der professionellen Pflege. Gute und gesunde Arbeitsbedingungen sind wichtig, um geeignete Mitarbeiter*innen für den Pflegebereich zu finden und ihre Gesundheit langfristig zu erhalten. Wie können Pflegende im Arbeitsalltag besser unterstützt werden? Exoskelette können helfen, körperliche Belastungen zu verringern und Beeinträchtigungen vorzubeugen. Im Rahmen des INQA-Experimentierraums EXPERTISE 4.0 wird der gesundheitsförderliche Einsatz von Exoskeletten im Pflegebereich erprobt. Dafür tragen und testen professionell Pflegende in Experimentierlaboren Prototypen. Pflegekräfte werden mit professioneller Unterstützung an die Nutzung herangeführt und die Exoskelette anhand konkreter Bedarfe kontinuierlich weiterentwickelt.
Am Körper getragene Assistenzsysteme
Bislang kamen Exoskelette meist im therapeutischen Bereich zum Einsatz. Auch im Bereich der Pflege können die am Körper getragenen Assistenzsysteme sehr gut geeignet sein, um die körperlich schwere Arbeit zu erleichtern. Sie unterstützen und verstärken die Bewegungen des Körpers und ermöglichen damit ein schonenderes Arbeiten. Ein Oberkörper-Exoskelett kann Pflegekräften beispielsweise schweres Heben erleichtern und deren Kräfte samt Rücken schonen. Bevor Exoskelette Teil des pflegerischen Alltags werden, muss deren Tauglichkeit ausreichend getestet sein.
Aktive Einbindung der Pflegenden
In zwei Experimentierräumen, dem LebensPhasenHaus Tübingen sowie der BruderDiakonie Reutlingen, testen Pflegende verschiedene Exoskelette in der Praxis. Wie kann der Muskel-Skelett-Apparat am besten geschont werden? Mithilfe von Lehrvideos und Simulationen von Pflegesituationen sammeln sie praktische Erfahrungen in der richtigen und sicheren Nutzung. Dabei kommen ein mechanisches und ein elektronisches Exoskelett vergleichend zum Einsatz. Durch die aktive Einbindung der Pflegekräfte können ihre Bedürfnisse und Wünsche erfasst und mit zusätzlichen Indikatoren verknüpft werden. Parallel dazu werden mögliche Implementierungsbarrieren und zusätzliche Herausforderungen ermittelt.
WiQQi: von Pflegenden für Pflegende
Sämtliche Entwicklungsschritte des Projekts sowie ausführliche Informationen finden Sie auf der frei zugänglichen Wissensplattform WiQQi. Hier werden unter anderem verschiedene Exoskelette in der Anwendung und persönliche Erfahrungsberichte zum An- und Ausziehen oder zu verschiedenen Einstellungen vorgestellt. Zudem werden Pflegesituationen simuliert, die von Exoskeletten besonders unterstützt werden können. Interessierte Pflegeeinrichtungen finden Lehr- und Lernkonzepte und können die Plattform zukünftig für Schulungszwecke nutzen. Nicht zuletzt richtet sich WiQQi aber auch an die Öffentlichkeit, um den Austausch zwischen thematisch interessierten Betrieben zu fördern und neue Kooperationen zu ermöglichen.