Rundgang durch ein Wasserwerk, Schreibkurs für gruselige Kurzgeschichten oder Cola-Analyse in einem Chemie-Labor: Das alles und noch viel mehr erwartet junge Menschen im Ruhrgebiet bei den TalentTagen Ruhr.
Seit 2014 werden im Rahmen der jährlich stattfindenden TalentTage zur beruflichen Orientierung vielfältige Aktionen sowie Informations- und Bildungsveranstaltungen angeboten, die zeigen, wie eine regional flächendeckende Berufsorientierung durch das Engagement vieler Akteur*innen gelingen kann.
Während der Aktionstage können Unternehmen, Schulen, Kitas und weitere Bildungseinrichtungen sowie Institutionen wie IHK oder HWK und die Kommunen – kurzum alle, die zum Thema Berufsorientierung in der Region beitragen – kostenlose Aktionen und Veranstaltungen für Kinder, Jugendliche und Eltern sowie Auszubildende und Lehrkräfte anbieten.
Die Veranstaltungsreihe richtet sich vor allem an junge Menschen aus weniger privilegierten Verhältnissen. Ziel ist es, den Kindern und Jugendlichen sowie ihren Eltern die beruflichen Perspektiven in der Metropolregion Ruhr aufzuzeigen.
Die Zahlen sind beeindruckend: 2023 besuchten 65.000 Teilnehmende die 720 Veranstaltungen in 41 Städten des Ruhrgebiets. 2024 finden die TalentTage Ruhr vom 25. September bis zum 9. Oktober statt.
Ursprünglich in die Wege geleitet vom Initiativkreis Ruhr werden die Aktionstage mittlerweile von der 2017 gegründeten gemeinnützigen Stiftung TalentMetropole Ruhr durchgeführt und von der RAG-Stiftung gefördert.
Das Team, das die TalentTage Ruhr umsetzt, arbeitet monatelang im Voraus auf Hochtouren. Es werden Hunderte Kontakte angeschrieben und zum Mitmachen aufgerufen. Regelmäßige Postings auf verschiedenen Social-Media-Kanälen, Newsletter und digitale Infoveranstaltungen gehören ebenfalls zur Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Kontinuierlich melden dann Unternehmen, Bildungseinrichtungen und andere Akteur*innen der Region ihre Angebote für die TalentTage Ruhr an. Viele davon nehmen bereits seit Jahren teil.
Dennoch ist es nicht immer leicht, neue Akteur*innen für die TalentTage dazu zu gewinnen. Viele Unternehmen kämpfen mit Personalproblemen und haben keine Ressourcen, um zum Beispiel einen Aktionstag für Schüler*innen durchzuführen, berichtet Schröder: „Das ist in dem Moment nachvollziehbar. Langfristig jedoch schadet es der ganzen Region, wenn ein Betrieb keinen Nachwuchs findet und im schlimmsten Fall irgendwann aufgeben muss. Unsere Erfahrung zeigt jedoch, dass, wer einmal bei den TalentTagen mitgemacht hat, im nächsten Jahr auch wieder dabei ist.“
Denn die Vorteile, die eine Teilnahme den Unternehmen bringt – Sichtbarkeit als attraktive Arbeitgebende, direktes Kennenlernen von potenziellen Bewerber*innen – überwiegen den Organisationsaufwand deutlich, betont Schröder.
Mitmachangebote kommen am besten an
Am besten besucht werden Veranstaltungen, die für die Kinder und Jugendlichen gut erreichbar sind und bei denen sie etwas Praktisches ausprobieren und bestenfalls noch etwas Selbstgemachtes als Andenken mitnehmen können.
Beim Besuch der Dorstener Drahtwerke Group lernen Jugendliche fünf verschiedene Ausbildungsberufe kennen und erfahren unter anderem, wie Motoren entstehen. Rund 40 Ausbildungen und duale Studiengänge im Handwerk, in der Verwaltung oder im IT-Bereich können wiederum im Ausbildungszentrum der Stadt Dortmund erkundet werden. Und auf einem ehemaligen Zechengelände in Kamp-Lintfort haben junge Menschen die Chance, in Handwerkstechniken wie Holz- und Metallarbeiten hineinzuschnuppern.
Auch Veranstaltungen, bei denen Auszubildende von ihren bisherigen Erfahrungen mit den jeweiligen Berufen und Betrieben berichten, sind bei der Zielgruppe beliebt. „Wir haben inzwischen einen Leitfaden für die interessierten Akteur*innen entwickelt, in dem wir Tipps für mögliche Formate geben, um die Teilnahme zu erleichtern“, so Schröder.
Die Kraft steckt in der Lehrkraft
Wie jedoch die Zielgruppe erreichen? „Der Schlüssel sind vor allem die Lehrkräfte, die gleich mindestens eine ganze Klasse motivieren können, anstatt dass wir die Schüler*innen einzeln ansprechen müssen“, betont Schröder. „Außerdem nehmen die Lehrkräfte jedes Jahr teil und müssen nicht von Neuem überzeugt werden.“ Dafür werden jedes Jahr die Schulleitungen in der Region angeschrieben und ums Weiterleiten der Informationen ans Lehrerkollegium gebeten.
Darüber hinaus spielen auch die Pressearbeit sowie Aktivitäten in den sozialen Medien eine große Rolle. Die eigene TalentCommunity mit rund 400 Jugendlichen, die in verschiedenen Projekten der TalentMetropole Ruhr aktiv sind, ist ebenfalls hilfreich.
Das alles ist ein Aufwand, der sich lohnt, davon ist man im Ruhrgebiet überzeugt. Denn von Aktionstagen wie diesen profitieren am Ende alle Beteiligten: Die Jugendlichen können viele Berufe direkt in ihrer Nähe kennenlernen, Unternehmen kommen mit den jungen Menschen in Kontakt, Bildungsträger können ihre Angebote einem breiten Publikum vorstellen. Und nicht zuletzt bereichert eine lebendige und breite Berufsorientierung von Schüler*innen die gesamte Region und den Wirtschaftsstandort.