Agil zu arbeiten, bedeutet für viele Beschäftigte, sich von liebgewonnenen Strukturen zu verabschieden. Denn agile Führung macht Schluss mit dem Arbeiten in sogenannten „Silos“, also den herkömmlichen Abteilungen, sowie dem Umsetzen von Projekten nach festen Abläufen und Zuständigkeiten. Agiles Führen, das steckt schon im Namen, setzt auf Beweglichkeit und eine schnelle Reaktionsfähigkeit. Das verlangt Mitarbeiter*innen viel ab, vor allem wenn bewährte Sicherheiten und Routinen wegfallen. Agile Methoden und agiles Arbeiten im Team können aber auch frischen Schwung und neue Ideen bringen und die Mitarbeitermotivation auf eine ganz neue Ebene heben. Denn mit der Beweglichkeit fallen Hierarchien und Eigenverantwortung wird gefördert. Umso wichtiger ist es, gerade bei der Umstellung auf agile Führung die Beschäftigten eng einzubeziehen, sie aufzuklären, zu motivieren – und auf ihre neuen Rollen vorzubereiten. Genau das hat die Roto Frank Holding getan, einer der führenden Hersteller für Fenster- und Türbeschläge mit etwa 5.000 Mitarbeiter*innen.
Beschäftigte mitnehmen – Mitarbeitermotivation hochhalten
Seit der Gründung 1935 hat sich das Familienunternehmen Roto Frank mit Stammsitz in Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart von einem Zweipersonenbetrieb zu einer weltweit operierenden Unternehmensgruppe entwickelt. Den Erfolg verdankt das Unternehmen auch seiner Bereitschaft zur Veränderung. Um effektiver und näher an den Kund*innen zu sein, traf der Vorstand 2015 die Entscheidung, die Zusammenarbeit im Unternehmen grundlegend neu zu strukturieren und agil zu werden. In einem langfristig angelegten Organisationsprozess sollten die starren Grenzen zwischen den Abteilungen abgebaut und stattdessen funktionsübergreifende agile Arbeitseinheiten etabliert werden. Dabei war dem Unternehmen von Anfang an klar: Der Wandel geht nur mit der Belegschaft, nicht gegen sie.
Die Erfolgsschritte zum agilen Arbeiten im Unternehmen
Ein positives Beispiel agiler Mitarbeiterführung – die folgenden Schritte zeigen, wie agiles Arbeiten bei Roto Frank eingeführt und umgesetzt wurde und welche Rolle dabei den Beschäftigten zukam:
In einer Stärken-Schwächen-Analyse wurde der Ist-Zustand des Unternehmens erhoben. Die Beschäftigten bekamen Gelegenheit, sich einzubringen. Im Rahmen von Workshops konnten sie benennen, welche Abläufe gut funktionieren und wo es Probleme gibt. Diese Informationen berücksichtigte die Geschäftsleitung bei der Planung der neuen Struktur.
Ausgehend von den Workshops – und dem Feedback der Beschäftigten – definierte das Unternehmen anschließend die Prozesse, die als Grundlage für die neue Organisationsstruktur dienen, z. B. Kunden und Märkte, Produktinnovation und Produktherstellung.
Die alten „Silos“ wurden aufgelöst und neue funktionsübergreifende Teams gegründet. Hier bestand besonderes Konfliktpotenzial bei den Beschäftigten, da dies eine Änderung der bestehnden Führungsstrukturen bedeutete. Manche Entwickler*innen wurden nun z. B. von Führungskräften mit Vertriebshintergrund geführt.
Um die Mitarbeiter*innen bei den Veränderungen mitzunehmen, bot das Unternehmen den Führungskräften und Multiplikator*innen Führungstrainings und Befähigungsworkshops an. Dort bekamen sie Informationen zur Umstrukturierung sowie die Möglichkeit, Hürden zu formulieren und Unterstützungsbedarfe anzumelden.
Auch nach dem Startschuss für die Umsetzung wurden die Mitarbeiter*innen unterstützt. Insbesondere wenn Kolleg*innen aus bisher getrennten Abteilungen in einem neuen Prozess zusammenkamen, wurden sie von Trainer*innen aus der Organisationsentwicklung begleitet.
Als zusätzliches Instrument werden neue Führungskräfte in einer Kompaktwoche, der „Leadership Academy“, in Prozessorganisation, Prozessführung und Change-Management geschult. Das Ziel: sie befähigen, den Veränderungsprozess gegenüber den Beschäftigten zu erklären, und sie zu motivieren, ihre neuen Rollen umzusetzen.