3 Minuten Lesezeit „Ge­ra­de in Kri­sen­zei­ten braucht es ge­sun­de Füh­rung“ Startseite Wissen Gesundheit Betriebliches Gesundheitsmanagement
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Krisen sind das neue Normal – mit Auswirkungen auf die Gesundheit von Beschäftigten und Führungskräften. Anlässlich des Welttags für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz am 28. April erläuterte Franziska Stiegler, Psychologin und Referentin für gesundheitliche Auswirkungen des Wandels der Arbeit im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, wie Unternehmen und ihre Führungskräfte gesunde Arbeit gerade in Krisenzeiten fördern können.

Der von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) initiierte Welttag will sichere, gesunde und menschenwürdige Arbeit fördern. Warum ist dieser Tag so wichtig?

Für viele Menschen in Deutschland sind Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz längst Selbstverständlichkeiten. Das liegt daran, dass viele Schutzregeln und Grundsätze erarbeitet und erstritten wurden. Gesunde Arbeitsbedingungen erfordern viel Engagement und Kraft. Der Welttag ist deshalb eine gute Gelegenheit, daran zu erinnern sowie sich selbst zu verorten und kritisch Bilanz zu ziehen: Wo stehen wir eigentlich beim Arbeitsschutz? Wo sind wir weitergekommen? Aber auch: Was fehlt und wo müssen wir noch besser werden?

Gerade die Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine haben gezeigt, wie schnell Betriebe und Beschäftigte vor neuen Rahmenbedingungen stehen. Wie wichtig ist die Arbeitsgesundheit in außergewöhnlichen Belastungssituationen wie diesen?

Gesundheit am Arbeitsplatz spielt gerade in Krisen eine zentrale Rolle. Das haben wir während der Corona-Pandemie ganz besonders deutlich gesehen. Viele Menschen denken jetzt beim Arbeitsschutz wahrscheinlich zuerst an den Infektionsschutz, andere vermutlich an ergonomische Arbeitsplätze oder den obligatorischen Schutzhelm. Es gehört aber auch die psychische Gesundheit dazu. Außergewöhnliche Krisen belasten nicht nur die Mitarbeitenden ganz persönlich, sondern wirken sich auch auf die Unternehmen und damit den Arbeitsalltag aus, zum Beispiel wenn Lieferketten unterbrochen sind und gewohnte Prozesse nicht mehr funktionieren. In der Corona-Pandemie etwa mussten Betriebe ad hoc auf Homeoffice umstellen. Das wiederum war für Unternehmen und ihre Mitarbeitenden durchaus mit Herausforderungen verbunden, die es zu bewältigen galt. Hierbei die psychische Gesundheit zu erhalten – und damit auch die Belastungsfähigkeit der Beschäftigten – ist wesentlich.

Welche Verantwortung tragen die Unternehmen dabei?

Unternehmen haben gegenüber ihren Beschäftigten die Pflicht, für ein gesundes Arbeitsumfeld zu sorgen. In einer Krise, wie wir sie mit der Corona-Pandemie erleben, ist deshalb gute und gesunde Führung entscheidend. Das heißt: Auf die Führungskräfte kommt es an. Unternehmensleitungen müssen daher ihre Führungskräfte entsprechend sensibilisieren und befähigen. Dabei bin ich mir durchaus des Dilemmas bewusst, dass Führungsfragen in Ausnahmesituationen nicht immer oberste Priorität in Betrieben haben – es gerade dann aber ganz besonders auf gute Führung ankommt.

Wie sieht gesunde Führung in Krisenzeiten denn konkret aus? Was müssen Führungskräfte tun?

Aufgabe der Führungskräfte ist es zum einen, den Beschäftigten die Umstände zu erklären, in denen sich das Unternehmen durch die Krise befindet. Zum anderen geht es darum, mit ihnen in Kontakt zu bleiben und Möglichkeiten für einen gemeinsamen Austausch zu schaffen – gerade, wenn im Falle der Pandemie alle im Homeoffice sind und der soziale Kontakt vor Ort im Betrieb entfällt oder wenn es großen Redebedarf gibt wie etwa beim Angriff Russlands auf die Ukraine. Außerdem sollten Führungskräfte hinschauen, wie es ihren Mitarbeitenden geht und auf ungewöhnliches Verhalten achten. Sie müssen nicht alle Probleme lösen, aber sie sollten präsent sein und Gesprächsangebote machen, die selbstverständlich immer freiwillig sein sollten. Im Übrigen kann die Arbeit selbst natürlich auch positiv wirken, wenn sie als sinnstiftend empfunden wird und Erfolgserlebnisse beschert. Persönliche Zuwendung bei Problemen, aber auch Lob und Ankerkennung tragen viel dazu bei, in Ausnahmesituationen psychisch in der Balance zu bleiben.

Für viele Menschen scheinen Krisen und Konflikte kein Ende zu nehmen. Wie schaffen wir es, psychisch stabil zu bleiben?

Die gute Nachricht: Die eigene Resilienz lässt sich durchaus stärken. Entscheidend ist, die persönlichen Einflussbereiche herauszufinden: Was fördert meine seelische Gesundheit? Was kann ich mir selbst Gutes tun? Das können Gespräche, Spaziergänge, Hobbys, Tiere usw. sein. Aber auch das persönliche Erwartungsmanagement ist wichtig: Wie blicke ich auf Krisen generell? Sind sie eher beängstigend oder liegen darin auch Chancen für mein persönliches Wachstum? Die eigene Psyche nicht zu vernachlässigen, sollte dabei ein zentraler Grundsatz auch für Führungskräfte sein. Hier gilt die alte Flugzeugregel: Man muss sich erst selbst eine Sauerstoffmaske anlegen, bevor man anderen helfen kann.

Zum Abschluss: Welche Instrumente für die Stärkung der psychischen Gesundheit würden Sie Unternehmen und Beschäftigten empfehlen?

INQA bietet eine Reihe von Handlungshilfen für die psychische Gesundheit im betrieblichen Alltag. Besonders empfehlenswert sind die Tipps und Materialien im eLearning-Tool für Beschäftigte und im eLearning-Tool für Führungskräfte. Beschäftigte finden darin z. B. Anregungen zum Umgang mit inneren und äußeren Stressoren, Führungskräfte erhalten Hinweise zur Stärkung der eigenen Gesundheit und der ihrer Mitarbeitenden. Zahlreiche praktische Tipps und Angebote von Online-Kursen bis Podcasts liefern auch die Partner*innen der Offensive Psychische Gesundheit, darunter Krankenkassen und Fachverbände. Für Unternehmen steht zudem die Kampagnen- und Toolbox zur psychischen Gesundheit in der Arbeitswelt zur Verfügung. Sie unterstützt Betriebe mit konkreten Maßnahmen und Tools zur psychischen Gesundheit.

BKK Dachverband

Franziska Stiegler, Psychologin und Referentin für gesundheitliche Auswirkungen des Wandels der Arbeit im Bundesministerium für Arbeit und Soziales.

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