Nicht immer können Unternehmen auf den ersten Blick die beruflichen Erfahrungen, Qualifikationen und Kompetenzen von Geflüchteten einschätzen. Besonders im Ausbildungsbereich sind Vergleiche schwierig, da andere Länder kein duales Ausbildungssystem wie in Deutschland haben. Hinzu kommt, dass in manchen Herkunftsländern geflüchteter Menschen die Berufsausbildung einen schlechten Ruf hat – dort wird eher nach der Devise learning by doing gearbeitet als Jahre in eine Ausbildung zu investieren. Das kann den Berufseinstieg in Deutschland verzögern. Denn Arbeitgeber*innen wollen erst genau um die Kompetenzen zukünftiger Mitarbeiter*innen wissen, ehe sie einstellen. Denn dann können sie „die Neuen“ entsprechend ihrer Berufserfahrung gezielter einsetzen. Auch die Einarbeitung selbst ist eine unternehmerische Investition, die sich lohnen soll. Was können Unternehmen wie Geflüchtete machen, wenn die klassischen Beurteilungskriterien wegfallen?
Neun Tools für einen guten Start ins Berufsleben
Diese Maßnahmen haben sich bewährt, um den Qualifikationsgrad von Geflüchteten zu erkennen:
Bei Schnuppertagen und Praktika können Sie gut überprüfen, ob beide Seiten zusammenpassen. In der Berufsschule können Geflüchtete als Gastschüler*innen im Vorfeld der Ausbildung den Berufsschulunterricht kennenlernen. Das hilft bei der Einschätzung, ob die vorhandenen Sprachkenntnisse für die Berufsschule ausreichen.
Das deutsche Ausbildungssystem ist Geflüchteten in der Regel fremd. Erläutern Sie ihnen deshalb die Grundlagen und Vorteile einer Lehre und weisen Sie sie auch auf Unterstützungsangebote wie beispielsweise BAföG (Berufsausbildungsförderungsgesetz) hin.
Ein guter Hebel, um Geflüchtete für eine Ausbildung zu motivieren: Erklären Sie ihnen, warum eine Ausbildung die beste Voraussetzung für die berufliche Zukunft ist. Das kann ihre Motivation stärken.
Tägliches Training verbessert die Deutschkenntnisse schnell. Deshalb ist der Berufsalltag immer noch der beste Weg für den Spracherwerb. Sie haben mehrere Angestellte mit anderen Muttersprachen? Regen Sie an, auch untereinander Deutsch zu sprechen. So machen sie noch schneller Fortschritte!
Sie müssen Integration nicht alleine stemmen! Verschiedene Initiativen und Netzwerke unterstützen Sie bei rechtlichen Fragen und mit praxisnahen Tipps und Leitfäden zur Integration: z.B. die Charta der Vielfalt, das Netzwerk „Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ oder das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (Kofa). Auch die örtliche Handwerkskammer ist eine gute Anlaufstelle!
Praktische Erfahrungen können Geflüchtete auch in einer Einstiegsqualifizierung (EQ) sammeln, wo sie auf eine Berufsausbildung vorbreitet werden. So können Sie Ihre potenziellen zukünftigen Fachkräfte kennenlernen, während die jungen Menschen tiefere Einblicke in einen Ausbildungsberuf erhalten. EQ ist ein betriebliches und vergütetes Langzeitpraktikum von sechs bis zwölf Monaten.
Schneller Anschluss dank Tandempartner*in: Stellen Sie neuen Beschäftigten erfahrene deutschsprachige Kolleg*innen zur Seite. Sie unterstützen in der Einarbeitungsphase bei allen wichtigen Fragen zum Betriebsalltag und sind auch beim Spracherwerb wichtige Sparringpartner*innen.
Das Förderprogramm IQ bietet Menschen mit ausländischen Berufsqualifikationen eine Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung an. Dabei erfahren sie zum Beispiel, welche Papiere erforderlich sind. Es werden Ausgleichsmaßnahmen angeboten, wenn es große Unterschiede zum deutschen Referenzberuf gibt.
Im Anerkennungs-Finder "Anerkennung in Deutschland" erfahren Geflüchtete, ob und wo ihr ausländischer Berufsabschluss anerkannt wird. Bei der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen können sie eine individuelle Zeugnisbewertung anfordern. Das hilft ebenfalls bei der Einschätzung ihrer Qualifikation.
Ein guter Start ins Berufsleben ist möglich
Viele positive Beispiele aus der Arbeitswelt zeigen: Sind die ersten Hürden genommen, funktioniert die Zusammenarbeit mit den neuen Kolleg*innen in der Regel gut. Ein tolerantes und offenes Umfeld sowie klare Regeln im Betrieb helfen, die interkulturellen Teams zusammenzuschweißen und Integration zu leben.