Ob in der ambulanten oder stationären Pflege: Der Arbeitsalltag in Pflegeeinrichtungen ist herausfordernd, Stress in der Pflege ist fast schon Teil der Arbeitsbeschreibung. Schichtdienst, fehlende Erholungszeiten, emotional fordernde Beziehungsarbeit, Zeitdruck und die hohe Verantwortung für die zu pflegenden Menschen und die Erwartungen ihrer Angehörigen können belastend sein. Das alles kann sich negativ auf die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz auswirken. Studien belegen, dass psychische Erkrankungen mit durchschnittlich 43 Tagen dreimal so lange andauern wie andere Krankheiten. Vor allem der Stress in der Altenpflege kann psychisch krank machen: Altenpfleger*innen weisen die meisten psychisch bedingten Erkrankungen auf. Auch die Fehltage wegen psychischer Störungen sind hier mehr als doppelt so häufig wie die durchschnittliche Anzahl der psychisch bedingten Fehltage aller Beschäftigten in Deutschland (BKK Gesundheitsreport 2021).
Stress am Arbeitsplatz begegnen – mit Gesundheitsprävention für Pflegekräfte
Gleichzeitig liebt die große Mehrheit der Pflegenden nach wie vor ihren Beruf und hält ihn für wertvoll und unverzichtbar. Die Nähe zu den Menschen, die Dankbarkeit der Pflegebedürftigen und das Gefühl, etwas wirklich Sinnvolles zu tun, machen das Arbeiten in der Pflege noch immer zu einer erfüllenden Tätigkeit. Damit dies so bleibt, liegt es an den Einrichtungs-, Pflegedienst- oder Wohnbereichsleitungen, die richtigen Weichen zu stellen und die Gesundheitsprävention für Pflegekräfte in die Hand zu nehmen. Auch unter den bestehenden Rahmenbedingungen lässt sich viel bewegen. Oft reichen schon einfache Maßnahmen aus, um Stress in der Pflege zu bewältigen und damit die Gesundheit, Zufriedenheit und Motivation von Mitarbeitenden zu erhalten und zu fördern.
Stressbewältigung in der Pflege – so geht’s!
Die INQA-Handlungshilfe „Kein Stress mit dem Stress – Lösungen und Tipps für stationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen“ ist ein praktischer Ratgeber, wenn es darum geht, Stress in der Pflege abzubauen. In folgenden Feldern können Sie ganz konkret aktiv werden:
Denken Sie das Thema Gesundheit ganzheitlich. Dazu gehören neben Hygiene und Arbeitsschutz auch ein Leitbild, eine vorausschauende Personalplanung, regelmäßige Personalentwicklungsgespräche, lebenslanges Lernen und natürlich ein betriebliches Gesundheitsmanagement.
Organisieren Sie die Arbeit richtig! Sind Aufgaben und Verantwortungen der Beschäftigten klar definiert? Decken die Dienstpläne Arbeitsspitzen ab und gibt es Vertretungsregeln? Sind die Pausen erholsam? Ist die Pflegedokumentation so einfach wie möglich?
Gehen Sie konstruktiv mit Konflikten um und sorgen Sie für ein gutes Arbeitsklima. Dazu gehören ein austariertes Pflegeteam, in dem „die Chemie stimmt“, übergreifende Teambesprechungen, gemeinsam erarbeitete Pflegeziele und eine Fehlerkultur.
Unterstützen Sie ein gutes Miteinander zwischen Pflegenden und Pflegebedürftigen. Hilfreich sind das Reden über schambesetzte Situationen (z. B. Ekel, sexuelle Übergriffe von Bewohner*innen), Fallbesprechungen, aber auch eine kultursensible Pflege, die Herkunft und Biografie berücksichtigt.
Damit Veränderungen nicht zu Überforderung führen, sollten Sie sie früh ansprechen und Möglichkeiten zur Mitsprache und Mitgestaltung geben. Seien Sie während des gesamten Prozesses ansprechbar und bieten Sie bei Bedarf Weiterbildungen an.
Führungskräfte haben maßgeblichen Einfluss auf die Gesundheit am Arbeitsplatz. Ein offenes Ohr, wertschätzende Kommunikation, das Feiern von Erfolgen im Team und eine hohe Priorität gesundheitsförderlicher Arbeitsbedingungen, auch bei den Vorgesetzten selbst, sind das A und O.
Machen Sie es Ihren Mitarbeitenden leicht, gesund zu arbeiten. Das umfasst technische Hilfsmittel (z. B. zum Tragen und Heben), erholsame Pausen, die Förderung gesunder Ernährung (z. B. durch Wasser, Obst und Gemüsesnacks), Gesundheitstage sowie Kurse zur Stressbewältigung oder Rauchentwöhnung.
Achten Sie auch auf Ihre eigene Gesundheit und Ihre Grenzen. Hier haben sich Supervision und kollegiale Beratung sowie Trainings in Resilienz und Gelassenheit als wirkungsvoll erwiesen. Wichtig ist zudem das eigene Einhalten der Pausen- und Erholungszeiten.
Eine Gefährdungsbeurteilung ist gesetzlich vorgeschrieben, das gilt auch für psychische Belastungen. Betrachten Sie sie nicht als lästige Pflicht, sondern als ergiebige Informationsquelle: Wo liegen in Ihrer Einrichtung Belastungen? Und welche Maßnahmen können Abhilfe schaffen?
Checklisten, Tipps und Praxisbeispiele für gutes Gesundheitsmanagement in der Pflege
Auch wenn das alles erst einmal nach viel Arbeit klingt: Es lohnt sich! Vielleicht haben Sie bei der Lektüre aber auch gemerkt, dass Sie schon jetzt viel für die Gesundheit Ihrer Beschäftigten tun – ohne dass es Ihnen überhaupt bewusst war. Freuen Sie sich also ruhig über das, was in Ihrer Einrichtung bereits gut funktioniert! Für alle anderen Bereiche können Sie die INQA-Handlungshilfe nutzen und hier herunterladen. Sie bietet neben verschiedenen Checklisten eine Vielzahl von Tipps und Beispielen aus der Praxis.