Gesundheit 5 Minuten Lesezeit Mob­bing am Ar­beits­platz – De­fi­ni­ti­on, Prä­ven­ti­on und Tipps für Un­ter­neh­men Startseite Themen Gesundheit Gesunde Arbeitsorganisation
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„Ich wollte alles richtig machen. Ich wollte keinen Fehler machen, ich wollte keine Angriffsfläche anbieten.“ Dieses Zitat einer von Mobbing betroffenen Person macht deutlich, unter welchem psychischen Druck Mitarbeitende stehen, wenn sie am Arbeitsplatz schikaniert und ausgegrenzt werden. Mobbing hat neben den Folgen für Betroffene auch Auswirkungen auf das Team - und damit auf das ganze Unternehmen.

Die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales in Auftrag gegebene repräsentative Studie zu Mobbing in der Arbeitswelt bietet einen umfassenden Überblick zum Thema. Ziel war es, den aktuellen Stand zur Verbreitung von Mobbing am Arbeitsplatz zu erfassen und gesundheitliche Aspekte sowie berufs- und arbeitsbezogene Merkmale zu erkennen. Dafür wurden mehr als 5.000 Beschäftigte befragt. Zusätzlich wurden in einer qualitativen Befragung 37 Betroffene, sowie Expert*innen und Führungskräfte interviewt.

Inhalt

  1. Definition: Mobbing am Arbeitsplatz
  2. Mögliche arbeitsbezogene Faktoren
  3. Was können Unternehmen oder Organisationen präventiv tun?
  4. Evl. Was kann das Personalmanagement tun, wenn Mobbing im Unternehmen stattfindet?
  5. Welche Beratungsstellen gibt es

Der parallel erschienene Mobbing-Report ergänzt bestehende arbeits(schutz)rechtliche Maßnahmen und Präventionsangebote. Er zeigt außerdem, dass Prävention zum Schutz und zur Wiederherstellung der Gesundheit am Arbeitsplatz in der Arbeitswelt fest verankert ist. Bundesweit engagieren sich viele Akteure im Bereich der Prävention. Über die öffentlichen Strukturen hinaus gibt es viele Unterstützungsangebote für Betroffene. Wir haben die wichtigen Ergebnisse zusammengefasst und zeigen Ihnen, was Sie gegen Mobbing in Ihrem Unternehmen tun können. Denn Mobbing ist kein Phänomen, dem Arbeitgebende hilflos gegenüberstehen.

1. Definition: Was ist Mobbing am Arbeitsplatz?

Aktuell existiert keine einheitliche arbeitswissenschaftliche bzw. rechtliche Definition von Mobbing. Für die Studie wurde eine Literaturanalyse durchgeführt und auf dieser Basis die folgende Definition abgeleitet:

„Mobbing in der Arbeitswelt kann als ein Prozess definiert werden, der gekennzeichnet ist durch häufig wiederkehrende und persistierende negative beziehungsweise schädigende Verhaltensweisen gegenüber einer Person, welche von der betroffenen Person als unerwünscht erlebt werden und bei dieser das Erleben von Wehr- oder Hilflosigkeit auslösen. Mobbing kann unter anderem Verhaltensweisen der Anfeindung, Belästigung, Ausgrenzung, Schikane und Bloßstellung umfassen. Im Kontext Arbeit kann Mobbing unabhängig von einem objektiven Machtverhältnis in alle Richtungen gezeigt werden (top-down, horizontal, bottom-up). Das Erleben von Mobbing kann in der Folge mit arbeits- und gesundheitsbezogenen Beeinträchtigungen bei den Betroffenen einhergehen.“

2. Welche arbeitsbezogenen Faktoren könnten im Zusammenhang mit Mobbing stehen?

BMAS, Repräsentative Studie zum Thema Mobbing in der Arbeitswelt in der Bundesrepublik Deutschland (Forschungbericht 655, Seiten 111 und 114) Verbreitung von Mobbing insgesamt

In der ersten Abbildung ist die Verbreitung von Mobbing insgesamt dargestellt:

6,5% der Befragten gaben an, dass sie sich innerhalb der letzten sechs Monate vor der Befragung mindestens wöchentlich durch Kolleg*innen und/oder Vorgesetzte zu Unrecht kritisiert, schikaniert oder vor anderen bloßgestellt gefühlt haben.

Insgesamt 4,4% der Befragten erlebten Mobbing durch Kolleg*innen, 3,5% durch Vorgesetzte.

6,5 Prozent der Befragten gaben an, dass sie sich innerhalb der letzten sechs Monate mindestens wöchentlich durch Kolleg*innen und/oder Vorgesetzte zu Unrecht kritisiert, schikaniert oder vor anderen bloßgestellt gefühlt haben. Befragt nach möglichen Risikofaktoren, die Mobbing begünstigen könnten, nannten Expert*innen und Betroffene häufig diese Aspekte:

  • Unklare Zuständigkeiten und Organisationsprozesse und eine fehlende Definition von klaren Arbeitszielen sowie die unzureichende Einarbeitung neuer Mitarbeiter*innen,
  • Unzulängliche Führungsstrukturen: ein passiver Laissez-Faire-Führungsstil, ein autoritärer Führungsstil oder das Mikromanagement durch Führungspersonen,
  • Hohe Fluktuation: Das häufige Wechseln von Teams oder Führungskräften.

Achtung: Hier ist zu berücksichtigen, dass aus keiner der Befragungen Rückschlüsse auf die Kausalität gezogen werden können, da es sich in den qualitativen Interviews um subjektive Sichtweisen und Erfahrungen von Betroffenen, Führungskräften und Expert*innen handelt.

3. Was können Unternehmen oder Organisationen präventiv tun?

Mit starker Unternehmenskultur und einer klaren Organisation der Arbeitsprozesse können Sie Mobbinghandlungen in Ihrem Unternehmen entgegenwirken.Darüber hinaus können Sie mit den richtigen Präventionsmaßnahmen Mobbing mit seinen langfristigen Auswirkungen frühzeitig erkennen oder sogar verhindern.

Mit diesen Tipps können Sie Mobbing in Ihrem Unternehmen entgegenwirken

Führen Sie eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung durch
Die grundlegende Maßnahme ist die Analyse gefährdeter Arbeitsbereiche. Hierbei sollten in insbesondere Bereiche mit einer hohen Fluktuation betrachtet werden. Dafür können bestehende Analyseinstrumente wie die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen genutzt werden.
Schaffen Sie klare Organisationsstrukturen

Wesentlich ist auch das Schaffen klarer Strukturen, um Mobbing frühzeitig erkennen, managen und verhindern zu können. Dazu zählen auch Strukturen für einen proaktiven Umgang mit Mobbing-Meldungen.

Bilden Sie sich als Führungskraft weiter

Klare Führungsstrukturen können dem Aufkommen von Mobbing entgegenwirken. Wichtige Fertigkeiten der Führungspersonen sind soziale Kompetenzen, Empathievermögen und Konfliktmanagement. So können sie das Auftreten von Mobbing unter ihren Mitarbeitenden frühzeitig erkennen und unterbinden. Regelmäßige Gesprächsangebote mit den Mitarbeitenden und Führungspersonen sowie eine externe Supervision für Führungskräfte können hilfreich sein.

Schaffen Sie Ansprechstellen und Vertrauenspersonen

Ansprechstellen und Vertrauenspersonen ermöglichen eine frühzeitige Intervention bei Mobbinghandlungen. Dafür brauchen sie eine Handlungsspielräume, etwa das Informieren der Unternehmensleitung bei wiederkehrenden Mobbing-Fällen. Insbesondere Betroffene wünschen sich einen anonymen und niedrigschwelligen Kontakt.

Treffen Sie Verhaltensrichtlinien oder Betriebsvereinbarungen

Ein partnerschaftlich-professionelles Verhalten im Arbeitskontext kann Mobbing aktiv entgegenwirken. Hierfür sind Verhaltensrichtlinien oder Betriebsvereinbarungen hilfreich. Die Regelungen sollten allen Beschäftigten bekannt sein und auch Sanktionen bei Zuwiderhandlungen enthalten. Wichtig ist, die praktische Umsetzung der Verhaltensrichtlinien mitzudenken. So ist es beispielsweise ausschlaggebend, dass Führungspersonen dieses Verhalten aktiv vorleben.

Sensibilisierung und Aufklärung der gesamten Belegschaft:

Die grundsätzliche Sensibilisierung von allen Mitarbeitenden und Führungspersonen zum Thema Mobbing trägt zur Prävention bei. Hierbei ist besonders der Fokus auf die weitreichenden Folgen für Betroffene und das gesamte Unternehmen wichtig. Gleichzeitig sollte auf geeignete Anlaufstellen hingewiesen werden. Die Aufklärung kann in Form von Schulungen oder Weiterbildungen geschehen.

4. Was können Führungskräfte tun, wenn in ihrem Team Mobbing stattfindet?

Führungskräfte haben in Mobbingprozessen eine Schlüsselrolle: Sie müssen einschreiten, wenn Konflikte zu eskalieren drohen – je früher, desto besser. Ein gutes Konfliktmanagement ist die beste Basis, Mobbing auf Dauer zu verhindern. Konfliktgespräche zu führen ist eine Herausforderung – auch für Führungskräfte.

Wie erkennen Sie, dass es Konflikte gibt?

Führen Sie regelmäßig Gespräche mit dem Team. Wenn Sie negative Stimmungen und Veränderungen im Betriebsklima wahrnehmen, sprechen Sie es an. Leben Sie eine offene, wertschätzende und konstruktive Dialog- und Fehlerkultur vor. Hilfreich ist es auch, sich regelmäßig zu Führungsthemen weiterzubilden.

Das Gespräch suchen

Analysieren Sie gemeinsam mit der betroffenen Person die Konfliktsituation. Stellen Sie der betroffenen Person Hilfsangebote zur Verfügung. Möglicherweise ist es ratsam, parallel ein vertrauliches Gespräch mit der verursachenden Person zu führen. Informationen aus den Gesprächen sollten Sie nur mit dem Einverständnis der jeweiligen Person weitergeben.

Gemeinsames Konfliktgespräch vereinbaren

Spätestens nach vier Wochen wiederholen Sie das vertrauliche Gespräch. Zeigt sich keine Verbesserung, so wird mit dem Einverständnis beider Seiten ein gemeinsames Konfliktgespräch vereinbart.

Gemeinsames Konfliktgespräch führen

Sie moderieren das Konfliktgespräch. Stellen Sie dabei klar, dass Verhaltensweisen wie Mobbing nicht erwünscht sind und nicht geduldet werden.

Externe Moderation beauftragen

Wenn sich die Situation nicht innerhalb von weiteren vier Wochen spürbar bessert, sollte der Konfliktfall an andere betriebsinterne oder auch -externe Institutionen abgegeben werden, beispielsweise an die Personalabteilung, die Konfliktberatungsstelle oder die Sozialberatung. Eine externe, neutrale Moderation bringt Struktur in die Besprechungen und sorgt dafür, dass die Teilnehmenden ihre Zeit lösungsorientiert nutzten.

Externe Mediation einschalten

Können auch andere Institutionen wie die Personalabteilung oder die Konfliktberatungsstelle nicht helfen, sollte eine externe Mediation eingeschaltet werden. Dabei begleiten ausgebildete, unparteiische Mediatoren die Betroffenen Schritt für Schritt durch den Problemlösungsprozess.

Arbeitsrechtliche Sanktionen

Wenn die Schritte 1 bis 5 nicht innerhalb einer angemessenen Zeit – maximal vier Wochen zwischen jedem Schritt – zur Lösung des Konflikts führen, sind in letzter Instanz arbeitsrechtliche Konsequenzen zu ziehen: die Versetzung, Abmahnung oder Kündigung der verursachenden Person.

BMAS, Repräsentative Studie zum Thema Mobbing in der Arbeitswelt in der Bundesrepublik Deutschland (Forschungbericht 655, Seiten 111 und 114) Mobbing-Häufigkeit nach Altersgruppen

Die Grafik stellt die Mobbing-Häufigkeit nach Altersgruppen dar:

Bei den 18-29-Jähirgen fühlten sich 11,4 Prozent gemobbt, bei den 30-39-Jährigen 7,1 Prozent, bei den 40-49-Jährigen 6,4 Prozent, bei den 50-59-Jährigen 3,2 Prozent und bei den Beschäftigten 60 plus 3,5 Prozent.

Checkliste zur Vorbereitung

Bevor Sie in einen Konflikt eingreifen, prüfen Sie, ob Sie die notwendige Neutralität wahren können. Welches Verhältnis haben Sie zu den Beschäftigten? Stehen Sie der betroffenen Person und der Situation neutral gegenüber oder haben Sie eine vorgefasste Meinung? Sprechen Sie offen und wertschätzend, verhalten Sie sich vertrauensvoll und ehrlich? Inwiefern haben Sie persönlich mit dem Thema zu tun? Können Sie es dennoch objektiv betrachten oder steigen Sie zu sehr ein und reagieren zu emotional? Sind Sie womöglich Teil des Problems?

Diese Tipps sind angelehnt an die Handlungshilfe Konflikte lösen – Mobbing verhindern der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW).

5. Welche Beratungsstellen gibt es?

Unsere interaktive Karte bietet Ihnen einen Überblick über verschiedene Anlaufstellen in ganz Deutschland. Von gemeinnützigen Vereinen über Selbsthilfegruppen bis hin zur Mobbing-Rechtsberatung: Hier finden Sie Beratungsstellen und Expert*innen, die Ihnen helfen können, den richtigen Weg im Umgang mit Mobbing für sich persönlich oder im Unternehmen zu finden.

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