Digitalisierung, Globalisierung und demografischer Wandel verändern die Arbeitswelt. Das betrifft auch die Verwaltung. Der INQA-Prozess Kulturwandel unterstützt Institutionen und Unternehmen bei der Gestaltung von innovativen Arbeitsstrukturen. Das Amtsgericht Wolfenbüttel ist die erste Gerichtsorganisation in ganz Deutschland, die mit dem Audit ausgezeichnet wurde. Dank neuer Strukturen konnte die Behörde ihre Arbeit auch während der Corona-Pandemie fortsetzen. Welche konkreten Maßnahmen wurden umgesetzt?
Von Anfang an beteiligungsorientiert
Das Amtsgericht beschäftigt aktuell 59 Personen. Die Behörde ist zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, Strafsachen und die freiwillige Gerichtsbarkeit. Das Audit startete mit einer schriftlichen Befragung der Belegschaft und der Geschäftsführung und setzte damit von Beginn an auf Beteiligung: Die Bedürfnisse der Beschäftigten spielten eine zentrale Rolle in der Umsetzung des Veränderungsprozesses. Es wurde eine Projektgruppe gebildet, die einen detaillierten Entwicklungsplan erarbeitet hat. „Beim Amtsgericht Wolfenbüttel habe ich von Beginn an eine große Offenheit vorgefunden, sich auf Neues einzulassen“, sagt Irene Stroot von der Demografieagentur, die den Audit-Prozess des Amtsgerichts begleitete. „Die Arbeit der Behörde wird flexibel gestaltet und die Beschäftigten verfügen über ein hohes Maß an Eigenverantwortung.“
Wichtigste Handlungsfelder identifizieren
Der Prozess fokussierte sich auf die Handlungsfelder Führung, Vielfalt, Gesundheit und Kompetenz. „Beim Thema Gesundheit haben wir viel Wert auf das Thema „Psychische Belastungen“ gelegt“, erklärt die Direktorin des Amtsgerichts, Bettina Niemuth. Das Angebot an entsprechenden Hilfsmaßnahmen baute das Gericht deswegen aus: Es wurden Achtsamkeitstrainings sowie spezialisierte Schulungen zur Reduzierung psychischer Belastungen und zur Stärkung der Resilienz durchgeführt.
Eine große Herausforderung für das Amtsgericht Wolfenbüttel ist der demografische Wandel, der vor allem mit dem relativ hohen Anteil an älteren Beschäftigten zusammenhängt. Im Audit wurden die Bedürfnisse dieser Gruppe besonders berücksichtigt sowie Strategien zum Transfer von Fachwissen auf Nachwuchskräfte erarbeitet. Es ist wichtig, dass die Kompetenzen der ausscheidenden Beschäftigten gesichert werden. Hierfür wurden Methoden aus dem Wissensmanagement erprobt und eine Lernform eingeführt, die sich direkt am Arbeitsplatz umsetzen lässt. Es wurden darüber hinaus gute Strukturen zur Weitergabe der Informationen und transparente Arbeitsabläufe etabliert.
Der Veränderungsprozess wurde von der Demografieagentur professionell begleitet und unterstützt. Für Birgit Rother, Personalrätin am Amtsgericht Wolfenbüttel, war die externe Rückmeldung zu internen Prozessen in der Behörde wertvoll. Die umgesetzten Maßnahmen konnten zur positiven Veränderung im Bereich Führung beitragen. „Ein wichtiger Punkt für die Beschäftigten bestand darin, mehr Wertschätzung, Partizipation und Transparenz zu erfahren“, stellt Rother fest. „Diesem Anliegen sind wir beispielsweise durch die Weiterentwicklung unserer Führungsstrukturen nachgekommen, um Wertschätzung im Arbeitsalltag noch häufiger zu vermitteln und das Miteinander zu verbessern.“
Verwaltung krisenfest machen
Die Umsetzung der Maßnahmen hat sich in den vergangenen Monaten bereits bewährt. Aufgrund der Corona-Pandemie arbeitet ein großer Teil der Beschäftigten im Homeoffice, und ein Teil der Belegschaft hält im Gericht den Dienstbetrieb aufrecht. Die älteren Beschäftigten bleiben als Risikogruppe länger im Homeoffice bzw. werden aus dem Publikumsverkehr herausgehalten. „So können die Beschäftigten in dieser besonderen Zeit effizienter begleitet und unterstützt werden, als es wahrscheinlich früher möglich gewesen wäre“, erklärt die Direktorin des Amtsgerichts Bettina Niemuth. Die Belegschaft profitiert von transparenten Arbeitsprozessen sowie von der neuen Kultur der Wertschätzung.
Das Amtsgericht Wolfenbüttel ist ein gutes Beispiel für eine gelungene Transformationen der Arbeitsprozesse und der Betriebskultur. Personalrätin Birgit Rother ermutigt weitere Behörden – auch über die Justiz hinaus – Veränderungen als Chance zu sehen und Optimierungen umzusetzen.