Diversity 3 Minuten Lesezeit Ler­nen im Ar­beit­sall­tag – LiA för­dert er­fah­re­ne Be­rufs­tä­ti­ge Startseite Themen Diversity Diversitätsmanagement
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Von Gedächtnisstrategien über Blitzentspannung bis Selbstwirksamkeit – die Psychologieprofessorin Dr. Una Röhr-Sendlmeier hat mit ihrem Team ein multimodales Training für ältere Mitarbeiter*innen entwickelt. Es stärkt nachweislich ihre individuellen Kompetenzen sowie kognitiven Fähigkeiten und macht sie resilienter.

Sabbaticals, Homeoffice oder flexible Arbeitszeiten – damit versuchen viele Arbeitgeber*innen derzeit die jüngere Generation anzusprechen. Doch bei der Suche nach Fachkräften sind die Mitarbeitenden 50plus ebenfalls ein wichtiger Teil der Lösung, sagt Una Röhr-Sendlmeier.

„Unternehmen sollten die vorhandenen Reserven bei ihren erfahrenen Beschäftigten viel stärker nutzen. Nicht das kalendarische Alter ist entscheidend, sondern die Lernbereitschaft.“

Una Röhr-Sendlmeier weiß, wovon sie spricht. Viele Jahre leitete sie die Abteilung für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie an der Universität Bonn. Dort entwickelte sie mit ihrem Team das multimodale LiA-Training und erprobte seine Wirksamkeit in einer Studie mit rund 1.000 Personen. LiA steht für Lernen im Arbeitsalltag und soll vor allem erfahrene Berufstätige fördern. Das Training ist in drei Module unterteilt: Kognitive Fitness, Stressmanagement und Kompetenzen. Ein zusätzliches Aktivierungsmodul soll die kognitiven Leistungen verstärken.

Warum ein Training für ältere Mitarbeiter*innen? 

Mit Blick auf das steigende Durchschnittsalter der Arbeitnehmer*innen wollte Una Röhr-Sendlmeier einen Weg finden, mit den demografischen Entwicklungen Schritt zu halten und diejenigen zu stärken, die 50 Jahre alt und älter sind. „Wie kann man ältere Mitarbeiter*innen fitter machen und auch zufriedener mit ihrer Arbeit werden lassen?“ Auf dieser Überlegung hat sie das ganzheitliche Training aufgebaut, welches in zwölf Einheiten mit je zwei Stunden stattfindet oder auch kompakt an vier Tagen durchgeführt werden kann. Das Entscheidende für den Erfolg ist, laut Röhr-Sendlmeier, dass verschiedene Komponenten bei dem Training miteinander kombiniert werden. Diese sind:

Die vier Komponenten des Trainings

Kognitiver Bereich
Bei diesem Modul werden Gedächtnisstrategien entwickelt, eine Geheimschrift oder ein numerischer Zahlencode erlernt – das Gehirn braucht gerade in späteren Jahren immer wieder neue Herausforderungen, um leistungsfähig zu bleiben.
Für die kognitive Flexibilität wird z. B. die „Stroop“-Methode eingesetzt: Man sieht eine Liste mit Farbwörtern, doch die Farben widersprechen der Wortbedeutung. Der visuelle Reiz muss sich hier gegen den semantischen Reiz durchsetzen.
Stressmanagement
Hier werden individuelle Stressauslöser und Stressverstärker bewusst gemacht, zum Beispiel Gedanken wie „Das schaffe ich nie“. Die Folgen solcher Gedanken werden besprochen und konstruktive Alternativen erlernt.
Das Erlernen von Blitz-Entspannungstechniken soll auch in kurzen Pausen für effektive Erholung sorgen. Somit wappnen sich Beschäftigte gegen Stress, dem sich ältere Mitarbeiter*innen oftmals nicht mehr gewachsen fühlen.
Kompetenz
Zunächst wird der Begriff geklärt: Kompetenz bedeutet nicht nur Fachkenntnis, sondern auch das Geschick, diese flexibel und überzeugend einzusetzen.Die Mitarbeiter*innen sollen sich bewusst machen: Welche Fähigkeiten haben sie bereits in ihrem Leben unter Beweis gestellt?
„Ältere Menschen haben einen großen Erfahrungsschatz, aber je nachdem, woran sie zuletzt gearbeitet haben, vergessen viele, was noch alles in ihnen steckt“, sagt Röhr-Sendlmeier.
Die Reflexion der eigenen Fähigkeiten sowie eine Analyse dessen, was im Beruf nötig ist, führt sie direkt zur Kompetenzstärkung: sich mehr zuzutrauen, neue Schritte zu wagen und Vorschläge einzubringen.
Aktivierung
Die Aktivierungsübungen kann man auch leicht während der Arbeit einsetzen. Um zum Beispiel die Finger-Koordination zu trainieren, wird mit der einen Hand das Victory-Zeichen und mit der anderen Hand das Telefon-Zeichen geformt. In der Mittagspause kann man mit zwei Bällen jonglieren u.v.m. „Also nicht nur am Fenster stehen und zwei Kniebeugen machen, sondern tatsächlich koordinative Tätigkeiten“, so Röhr-Sendlmeier.

Dauerhafte Verbesserung der Fähigkeiten 

LiA – Ganzheitliches Training für die Generation 50plus

Verbesserte Konzentration – auch nach 6 Monate nach dem Training

Aus 20 möglichen Antworten wurden vor dem Training 12 korrekte Lösungen gegeben.

Nach dem Training wurden 13.5 korrekte Lösungen gegeben.

6 Monate nach dem Training wurden 14 korrekte Lösungen gegeben.

Quelle: Röhr-Sendlmeier (2022)

An der LiA-Studie haben sich mittlere und große Betriebe aus verschiedensten Branchen beteiligt: Industrie, Versorgung, Verwaltung, Banken und Versicherungen, das Durchschnittsalter in den Trainingsgruppen lag bei 55 Jahren. Die Ergebnisse wurden im Vergleich mit einer Kontrollgruppe gesichert, die das Training nicht absolviert hatte.

Nach mehr als 1.000 Trainingsstunden in zwölf Unternehmen stellten Una Röhr-Sendlmeier und ihr Team im Vorher-Nachher-Vergleich fest, dass die Teilnehmer*innen sich in allen Bereichen signifikant verbessert hatten und diese Verbesserungen dauerhaft waren.

Denn auch bei den Tests ein halbes Jahr später erzielten die trainierten Personen weiterhin gute Ergebnisse. Sie steigerten sich objektiv und in der eigenen Einschätzung u.a. in den Bereichen: kognitive Schnelligkeit, Kompetenzerleben und Resistenz gegenüber Belastung. Nach Abschluss der LiA-Studie bekam Una Röhr-Sendlmeier so viele Anfragen von Betrieben, dass sie das Training nun als Dienstleistung dauerhaft anbietet.

Was können Unternehmen tun, um ältere Arbeitnehmer*innen länger zu halten?

Unternehmen sollten der Generation 50plus unbedingt Entwicklungschancen und Weiterbildungsangebote einräumen. „Das sollte auf ermutigende Art und Weise passieren. Der Respekt ist enorm wichtig, damit man nicht die Motivation untergräbt“, empfiehlt Una Röhr-Sendlmeier.

Außerdem können Arbeitgeber*innen belebte Pausen anbieten, die einen physischen Ausgleich geben und auch fragen: Was braucht der Einzelne? Das kann Teilzeit sein oder auch das oben angesprochene Sabbatical.

Wenn ältere Mitarbeiter*innen kurz vor dem Eintritt in die Rente stehen, sollten Führungskräfte ihnen eine Drei-Tage-Woche oder ein projektbezogenes Engagement anbieten. Dieser Vorschlag wird auch von der aktuellen Welle der „LidA – Leben in der Arbeit“-Studie gestützt: 75 Prozent aller Mitarbeiter*innen mit Frühausstiegswunsch wären demnach bereit unter bestimmten Bedingungen, doch länger zu arbeiten, wenn sie sich beispielsweise die Arbeitszeit freier einteilen könnten.

Erfahrene Berufstätige mehr in den Fokus rücken

In Anbetracht der demografischen Verschiebung ist es umso wichtiger, dass Unternehmen ältere Arbeitnehmer*innen stärker in den Fokus nehmen. Ein Training, das ihre Kompetenzen sowie ihre kognitiven Fähigkeiten stärkt und sie resilienter macht, ist für diejenigen, die gern länger arbeiten möchten, eine geeignete unterstützende Maßnahme. Darin waren sich die Betriebe einig, deren Mitarbeiter*innen daran teilgenommen haben.

Una Röhr-Sendlmeier hofft, dass im Hinblick auf die Fachkräftesicherung eine Erkenntnis wächst, die Studien schon lange zeigen: “In älteren Menschen steckt viel mehr als manche Führungskraft annimmt. Sie, die lange vernachlässigt wurden, zu stärken – das kann man der Gesellschaft nur ans Herz legen.”

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